„Tante Ju“ HB-HOS
Hier hebt die Ju 52 der Ju-Air zum letzten Mal ab

Eigentlich hätte die Ju 52 mit der Kennung HB-HOS eines Tages wieder fliegen sollen. Doch das Vorhaben scheiterte. Um ein Haar wäre die HB-HOS in der Schrottpresse gelandet. Jetzt kam sie nach Wernigerode ins Museum – per Tieflader-Transport.

Hier hebt die Ju 52 der Ju-Air zum letzten Mal ab
Foto: Museum Wernigerode

Ein letztes Mal erhob sich die HB-HOS vergangene Woche in Wernigerode in die Lüfte – allerdings nicht aus eigener Kraft. Ein Kran hob den Rumpf der ehrwürdigen "Tante Ju" von der Ladefläche des Sattelschleppers, der das fast 85 Jahre alte Flugzeug von seinem alten Standort Altenrhein nach Sachsen-Anhalt transportiert hatte. Kurz darauf "landete" die HB-HOS – gestützt auf ein provisorisches Hauptfahrwerk – auf dem Gelände des Luftfahrtmuseums Wernigerode, wo Museumsmitarbeiter ihre Neuerwerbung in die Halle zogen.

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Die Ju52 HB-HOS beim Einhallen in den Hangar des Luftfahrtmuseums Wernigerorde. Fliegen wird diese "Tante Ju" nie wieder.

Lange Karriere

Nur rund 100 Kilometer östlich ihrer neuen Ruhestätte, in Dessau, erblickte die Ju 52 mit der Werknummer 6580 einst das Licht der Welt. Das war 1939. Später flog die Dreimot für die Schweizer Luftwaffe, bis sie in den 80er-Jahren eine neue Rolle als Zivilflugzeug für Sightseeing-Flüge bei der neu gegründeten Ju-Air fand. Die schickte die HB-HOS in den Folgejahren bis nach Oshkosh und auf die Philippinen, ließ sie zu Werbezwecken als "lila Milka-Kuh" und fliegenden Rimowa-Koffer durch die Lüfte tingeln – bis im August 2018 die heile Welt plötzlich Geschichte war, als das Schwesterflugzeug HB-HOT vollbesetzt in den Schweizer Alpen abstürzte und die Ju-Air infolgedessen den Flugbetrieb einstellen musste.

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Basis für Ju 52NG

Einige Zeit später, im Jahr 2020, kam die HB-HOS zu den Junkers Flugzeugwerken nach Altenrhein. Dort sollte das Flugzeug, bei dem man im Zuge detaillierter Untersuchungen Korrosionsbefall festgestellt hatte, restauriert werden, um spätestens 2023 wieder mit Fluggästen abzuheben. Gleichzeitig wollte Junkers die HB-HOS als Vorbild für den Neubau einer Ju 52NG mit Glascockpit und V12-Motoren hernehmen. Doch beide Projekte sind inzwischen, aus unterschiedlichen Gründen, beerdigt. Für die HB-HOS gab es keinerlei Verwendung mehr.

Rettung aus Wernigerode

So wäre am Ende fast nur noch die Verschrottung als letzte Lösung übrig geblieben – wäre nicht zuvor der Kontakt zwischen Junkers in der Schweiz und dem Luftfahrtmuseum in Wernigerode zustande gekommen. Dort fackelte man nicht lange, schickte einen Lkw nach Altenrhein, ließ die teilmontierte "Tante Ju" aufladen und nach Sachsen-Anhalt bringen. Ab wann Museumsbesucher die neue Attraktion begutachten können, ist noch nicht klar. Allerdings wird die HB-HOS ohne Tragfläche präsentiert werden – aus Platzgründen. Auch die BMW-Motoren der Maschine fehlen. Sie sind bereits anderweitig untergekommen. Daher sucht das Museum in Wernigerode aktuell noch einen BMW-Sternmotor samt Propeller, um ihn an den Rumpfbug zu montieren. Außerdem soll das Cockpit wieder in den originalen Zustand von 1939 versetzt werden – und dann ebenfalls für Besucher zugänglich sein.

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Erscheinungsdatum 20.09.2023