Szene
3. Internationales Cessna-Treffen in Jena-Schöngleina

Aller guten Dinge sind bekanntlich drei. Das trifft auch auf das Cessna-Treffen in Jena-Schöngleina zu, das im Juli 2016 zum dritten Mal stattgefunden hat und sich zu einer Institution der Szene entwickelt.

3. Internationales Cessna-Treffen in Jena-Schöngleina

Als er im April 2013 als Geschäftsführer der Verkehrslandeplatz Jena GmbH angetreten war, hatte sich der Berufspilot Wolfgang Kuhnert ein Ziel für seinen neuen Job gesetzt: seinen Flugplatz so schnell wie möglich so bekannt wie möglich zu machen – am besten so, dass jeder GA-Pilot in Deutschland zumindest schon mal etwas von EDBJ gehört hätte. Das scheint immer besser zu gelingen. Vor einer Wiederholung des ersten Treffens im Juli 2014 hatte Kuhnert Ende Juni vergangenen Jahres zunächst das 32. Piper-Cub-Treffen ausgerichtet, ehe die Cessnas wiederkamen. Zwischen dem 8. und 10. Juli flogen sie zum dritten Mal in Jena-Schöngleina ein, und zwar mit deutlich besserer Beteiligung als noch zur Premiere. Hatten seinerzeit immerhin 37 Cessnas den Flug nach Jena angetreten und im Vorjahr schon 55, kamen in diesem Jahr mehr als 60 Flugzeuge zusammen – wenn auch das eine oder andere Fremdfabrikat dabei war. 

Gut die Hälfte der Piloten hatte ihre Teilnahme angemeldet, die anderen kamen am Samstag spontan als Tagesgäste. Der wachsende Erfolg der Veranstaltung dürfte der guten Organisation und dem Programm geschuldet sein, das sich der Geschäftsführer mit einem Stab flugbegeisterter Mitstreiter auch dieses Mal wieder hatte einfallen lassen. 

Wer sich als Pilot für 20 oder als Begleiter für 10 Euro angemeldet hatte, konnte sich einen Platz für den jährlichen Ausflug sichern. Außerdem sind damit die Lande- und Campinggebühren am Platz beglichen – nicht wenige Piloten sah man am Freitagabend Zelte unter ihren Tragflächen aufbauen. Wer dagegen eine Unterkunft aus der auf der Internetseite des Flugplatzes veröffentlichten Liste ausgesucht hatte, musste sich über den Weg dorthin auch keine Sorgen machen. Denn Wolfgang Kuhnert hatte mit seinen Mitstreitern einen Shuttleservice eingerichtet, der die Gäste für ein kleines Fahrertrinkgeld hin- und herchauffierte. Ein Rundum-Sorglos-Paket also, bei dem mit moderaten vier Euro lediglich das üppige Frühstücksbuffet im Hangar aufpreispflichtig war und natürlich die Riesenbratwürste vom Grill oder Selbstgebackenes. „Fliegen ist schon teuer genug“, findet Kuhnert, „da muss man den Leuten nicht auch noch Geld für Kaffee und Kuchen aus der Tasche ziehen.“ 

Möglich ist die Veranstaltung auch durch die Sponsoren, die Kuhnert anwirbt und mit deren Auftritten er seinen Gästen meist noch einen Mehrwert schaffen kann. Cessna beispielsweise war im vergangenen Jahr mit einer TTx vertreten. Wer sich zeitig angemeldet hatte, konnte den Renner aus Wichita sogar kostenlos Probe fliegen! Das kam nicht nur bei den Teilnehmern so gut an, dass viele von ihnen inzwischen Wiederholungstäter sind, auch Cessna schien damit sehr zufrieden. In diesem Jahr bot der Hersteller eine Grand Caravan EX auf – nicht nur für entsprechend lizenzierte Piloten als Vorführflugzeug, sondern auch als Presseshuttle für den geplanten Ausflug.

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Inklusive Besuch des DHL-Frachthubs

Der ging in diesem Jahr zum wohl ungewöhnlichsten Sponsor, den man sich für ein Cessna-Treffen denken kann: zur DHL. Das Logistikunternehmen betreibt das europaweit größte Luftfrachtdrehkreuz, eines von drei DHL-Hubs weltweit, am Flughafen Leipzig. Der ist nur gute 15 Flugminuten von Jenaer Platz entfernt. Die Tore zu dem riesigen Frachtumschlagplatz hatte der Konzern nun erstmals für Außenstehende geöffnet! So kamen die Cessna-Piloten in den exklusiven Genuss einer Busrundfahrt über das rund 200 Hektar große Gelände mit dem Riesenhangar, der allein schon drei Hektar für die Flugzeugwartung bereitstellt und mit Deutschlands größter Fußbodenheizung ausgestattet ist, damit auch bei Minusgraden an den Triebwerken der Flugzeuge gearbeitet werden kann, wie DHL-Tour-Guide Sara Bieder den Piloten stolz erklärte. Im Anschluss an die Rundfahrt konnten die Gäste Cockpit und Laderaum von zwei der 65 in Leipzig stationierten Frachtflugzeuge – einem Airbus A300 und einer Boeing 757 – inspizieren, hinter deren Steuerhörnern Platz nehmen und sich mit den Frachtpiloten austauschen. 

Für dieses Highlight musste der Jenaer Flugplatzchef ordentlich Klimmzüge machen. Unzählige Male sei er im vorangegangenen Dreivierteljahr zu Gesprächen mit der Airportleitung und dem Logistiker in Leipzig gewesen, um für sein Vorhaben zu werben und die Bedingungen zu verhandeln. Denn die Gastgeber waren von der Vorstellung, einen Haufen Freizeitpiloten möglicherweise noch wild fotografierend und unkontrolliert im Hochsicherheitsbereich herumlaufen zu haben, zunächst wohl wenig angetan. Aber Kuhnerts Verhandlungsgeschick, gute Vorbereitungen und schließlich auch das disziplinierte Verhalten seiner Gäste ließen den Besuch gelingen. Der dürfte auch das Interesse bei den überregionalen Medien gesteigert haben. Jedenfalls war die als Presseshuttle eingesetzte Grand Caravan bis auf den letzten Platz belegt. Aufnahmen vom Flug und dem Treffen waren nicht nur bei JenaTV, sondern auch im MDR zu sehen. In der Tagespresse erschienen Beiträge in der Bild, der Ostthüringer Zeitung und der Leipziger Volkszeitung. Ein positives Medienecho löst naturgemäß Besucherinteresse aus, und ein hoher regionaler Freizeitwert muss auch im Interesse des Flugplatzbetreibers liegen. Hinter dem, der Verkehrslandeplatz Jena GmbH, stehen je zur Hälfte der Saale-Holzland-Kreis und die Stadtwerke Jena. Sie tragen zwar die Kosten des Betriebes, Geld darf dessen Geschäftsführer aber trotzdem nicht verbrennen – und so macht Kuhnert sich einen Kopf darüber und Arbeit damit, den Flugbetrieb möglichst zu beleben und zu fördern. Durch die Cessna-Treffen eben oder auch mal eines für Gyrokopter. Um Ideen ist der Chef jedenfalls nicht verlegen, und seine Crew scheint mitzuziehen. Das merkte man auch an diesem Wochenende: Die zahllosen, freundlichen Helfer waren jederzeit ansprechbar. 

Wer nicht auf der AERO in Friedrichshafen gewesen war, konnte sich im Hangar Garmins Messeneuheiten ansehen und sich im Gespräch mit Florian Kienzle zum Beispiel über die Möglichkeiten bei der Umstellung auf das 8,33-kHz-Funkraster informieren. Oder sich von Markus Marth Tipps und Kniffe für seine JeppView-App holen. Auch fürs nächste Jahr hat sich der Platzchef etwas ausgedacht: Neben einer Wiederholung des DHL-Besuchs denkt er darüber nach, über weitere Programmpunkte auf der Website des Platzes abstimmen zu lassen. Eine Besichtigung des Walpersberges bei Kahla in Thüringen käme in Frage, wo Deutschland 1944 in einem Stollensystem versuchen wollte, mit der unterirdischen Serienproduktion der Me 262 die Lufthoheit wieder zu erreichen. Oder ins nahe Erfurt? „Vielleicht wird‘s aber auch eine Floßtour auf der Saale“, lacht Kuhnert zuversichtlich. Ihm fällt schon etwas ein, noch mehr Flugzeuge nach Jena zu locken. Die sind schließlich das Wichtigste bei diesem Treffen. 

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Nur eine Cessna 120 fehlte bei den Klassikern in Jena

Pilotenschnack und Flugzeuge gucken gehören einfach zusammen. Gerade, wenn wie hier auch Vertreter älterer Baureihen in einem exzellenten Erhaltungs- und Pflegezustand zusammenkommen. Zum Beispiel die Cessna 170B D-EMAG von 1955, die bisher kein einziges Mal fehlte. Oder die 1952 gebaute Cessna 195A mit dem amerikanischen Callsign N1567D aus Bremgarten. Unter den Oldies fehlte nur eine 120er, die zwar angemeldet, aber leider nicht erschienen war. Dafür vervollständigten Piloten anderer Cessnas die Sammlung als spontane Gäste – unter ihnen eine 140, noch in der Ausführung mit V-Struts und bespannten Flächen. 

Auch eine der seltenen Spornradumbauten der 150 oder die ebenfalls nicht allzu häufig anzutreffende 177RG waren vertreten. Die 195A, die nach dem Ausflug nach Leipzig bald wieder Richtung Süden abhob, wurde am Samstag von einer zweiten 195er aus dem Jahr 1949 abgelöst, der „Idaho Lady“. Das in hochglanzpoliertem Aluminium erstrahlende Flugzeug ist nach dem Bundesstaat benannt, in dessen Dienste es vor mehr als 60 Jahren mit dem Callsign N3898V gestellt worden war. Das trägt es seither unverändert und nun auch in Deutschland. Uwe Förster hat die „Lady“ erst vor wenigen Wochen in seine Sammlung geholt und sich für ihren bestmöglichen Erhalt etwas Besonderes überlegt. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.

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