Eine MiG-21 im Allgäu? Ich traue meinen Augen kaum, als ich den sowjetischen Abfangjäger in der seltenen Zweisitzer-Version auf dem Gelände der Biologischen Reststoffverwertungsanlage sehe, die Franz Rupp seit 20 Jahren erfolgreich betreibt.
Ebenso erfolgreich hat er mit seinem anderen Unternehmen, Rupp Aircraft, einen UL-Hubschrauber entwickelt. Und deswegen – nicht wegen der MiG oder Tipps zur Abfallentsorgung – bin ich hier. Einer herzlichen Begrüßung folgt zwingend die Frage: "Wie kommt man eigentlich auf die Idee, einen UL-Hubschrauber zu bauen?" Rupp holt aus und erzählt.
Vom Kindheitstraum zum eigenen Hubschrauber
Er ist begeisterter Pilot und Luftfahrtenthusiast, der auch schon selbst UL-Dreiachser gebaut hat. 2015 entdeckt er auf der AERO in Friedrichshafen den UL-Hubschrauber Alpi Syton AH 130, ein Drehflügler mit Turbinenantrieb. Dieser basiert konstruktiv und optisch auf dem amerikanischen Selbstbau-Hubschrauber RotorWay Exec. Franz Rupp ist begeistert davon, und sein Kindheitstraum – Hubschrauber fliegen – wieder geweckt.
Und er macht aus Prinzip keine halben Sachen. Heißt: Er kauft den Hubschrauber, muss aber im Laufe der Zeit feststellen, dass eine deutsche Zulassung vom italienischen Hersteller nicht forciert wird und auch nicht ohne größere Modifikationen möglich sein würde. Also entschließt er sich, das selbst in die Hand zu nehmen, und beginnt, alle erforderlichen Komponenten entsprechend anzupassen, um die Zulassung beim Luftsportgeräte-Büro des DAeC zu erwirken. Der Name des Projekts: Phönix FR130.

Franz Rupp und seine Tochter Lisa vor ihrem Schätzchen, das den UL-Hubschraubermarkt aufmischen soll.
Der Phönix FR130 wird zum FR200
Allerdings soll es nicht bloß bei der "Eindeutschung" des italienischen Musters bleiben. Parallel dazu beginnt Rupp, an einer Weiterentwicklung zu arbeiten, die den Namen Phönix FR200 tragen soll. Auffälligster Unterschied zum Urahn: eine Zelle in einem schnittigen, gefälligen Design. Doch nicht nur die Optik nimmt sich Rupp vor. Den Innenraum verbreitert er auf 115 Zentimeter und gestaltet ihn nach seinen Vorstellungen neu.
Die tiefer positionierten Sitz- und Rückenpolster, die zudem in ihrer Stärke variiert werden können, sorgen im FR200 für mehr Kopf- und Beinfreiheit. Wachstum bei Abmessungen und Leistung Das Kufenlandegestell legt in der Spurweite um 30 Zentimeter zu – ein nicht zu unterschätzender Sicherheitsaspekt, der bei einem ohnehin schon relativ niedrigen Schwerpunkt die Gefahr eines "Dynamic Rollover" weiter minimieren soll.
Diese umfangreichen Konstruktions- und Anpassungsmaßnahmen finden ihren Abschluss in der Zulassung des Phönix FR130/FR200 im Dezember 2023. Damals rotiert allerdings noch die "alte" Solar-T62-32-Turbine im Rumpf. Bis heute wurden mehr als zehn Syton AH 130 zum Phönix FR130 konvertiert, die zum Teil in Deutschland, zum Teil im Ausland fliegen.
Turbinen-Upgrade mit NEO Engines
Zum Problem indes entwickelt sich die Ersatzteillage für die in den 60er Jahren entwickelte Solar-Turbine. Doch Franz Rupp wäre nicht Franz Rupp, wenn er nicht auch dieses Problem energisch anpacken würde. In Zusammenarbeit mit Thomas Baumgart entwickelte er unter dem Namen "NEO Engines" ein alternatives Antriebsaggregat, das perfekt zu den Anforderungen des Phönix passt.
Die Leistungsdaten, die Rupp mir vorbetet, klingen vielversprechend, denn viele Leichthubschrauber leiden unter dem eher schlechten Leistungsgewicht von Kolbenmotoren, und zu viel Power kann man in einem Heli eigentlich nie haben. Es soll komplett nur 42,5 Kilogramm wiegen, inklusive Getriebe, Nebenaggregaten und Schmieröl, und dennoch 200 PS leisten, die die Elektronik auf 160 PS drosselt. Bei zugleich reduzierten Abgastemperaturen soll die Turbine auch bei Hot-and High-Bedingungen viel besser performen als das ursprünglich im Hubschrauber verbaute Aggregat. Als Kraftstoff kann sowohl Jet A-1 als auch normaler Diesel verwendet werden.

Die NEO- Engines-Turbine soll das Leistungsgewicht weiter verbessern.
Die zukünftig in Serie gefertigten FR200 werden dann ausschließlich mit dieser Turbine fliegen, und dank der Tatsache, dass das Triebwerk kompatibel mit dem Getriebemodul des alten Motors ist, soll auch ein Upgrade bereits ausgelieferter Hubschrauber möglich sein.
Im Rahmen der notwendigen erweiterten Zulassung erhält der FR200 neuartige Rotorblätter aus Verbundfaser. Sie haben, wie die Vorgänger, ein bikonvexes, asymmetrisches Profil und verfügen jetzt zusätzlich über eine aerodynamische Schränkung. Dadurch werden ein gleich mäßigerer Auftrieb über die gesamte Blattlänge erreicht und Vibrationen am Boden beim Beschleunigen des Rotors reduziert.
Die Heckrotorblätter sind beim FR130 noch aus Aluminium, zukünftig bestehen sie ebenfalls aus CFK – das sorgt für eine längere Lebensdauer. Die erweiterte Zulassung für diese neuen Komponenten erwartet Franz Rupp für Ende 2025. Dann soll auch die Serienfertigung starten.
Da sich der Phönix FR200 mit der NEO-Engines-Turbine und den neuen Hauptrotorblättern momentan noch in der Erprobungsphase befindet und mit VVZ fliegt, absolviere ich meinen Testflug noch mit dem Solar-Aggregat.
Flugerprobung: So fliegt sich der FR200
Franz Rupp schiebt den Phönix aus der Halle, und wir beginnen die Vorflugkontrolle – wie üblich im Uhrzeigersinn um das Fluggerät herum. Alle zu überprüfenden Komponenten können entweder direkt oder über Wartungs- und Kontrollöffnungen gut ein gesehen werden. Auffällig ist, dass an allen relevanten Lagern und Bauteilen kleine, blaue Temperaturmessstreifen aufgeklebt sind, die sich bei Überschreiten des entsprechenden Limits dauerhaft verfärben und Hinweise auf eine Überlastung geben.
Die Werkzeuge zum Überprüfen der Spannung der Antriebsriemen sowohl für das Hauptgetriebe als auch für den Heckrotorantrieb gehören zur Bordausstattung, die Kontrolle geht mit etwas Übung einfach von der Hand. Der aus Stahlrohren geschweißte Rumpf ist mit Stickstoff gefüllt und wird mit Druck beaufschlagt. So lassen sich Beschädigungen oder ein Riss in einer Schweißnaht durch Druckabfall sofort über ein Manometer erkennen. Das erinnert mich an meine fliegerischen Anfänge 1978 auf der Alouette II, dort war es ähnlich einfach, aber zuverlässig gelöst und nannte sich "Video Pressure Indicator".
Modernes Cockpit, klassisches Fluggefühl
Beim Einsteigen fällt zunächst auf, dass Rupps kleiner Helikopter im Gegensatz zu den meisten anderen Hubschraubern von links geflogen wird, wenn sich nur ein Pilot an Bord befindet. Dies ist der lateralen Schwerpunktlage geschuldet und dürfte Flächenpiloten bei der Umschulung entgegenkommen. Die Türen öffnen im Gegensatz zum FR130 jetzt nach oben, bieten einen großzügigen Einstieg und lassen sich einfach mit einem Griff vorne und hinten verriegeln.
Die Sitzposition empfinde ich mit meiner Größe von 1,72 Meter als angenehm. Wie schon erwähnt, können durch unterschiedlich geformte Sitz- und Rückenpolster die Kopf- und Beinfreiheit individuell angepasst werden. Die Pedale sind in der Längsachse mehrfach verstellbar. Besonders große Piloten sollten aber definitiv Probe sitzen. Jeder Sitzplatz darf mit 110 Kilogramm beladen werden, beide Insassen dürfen zusammen aber nicht mehr als 200 Kilogramm wiegen.

Aufgeräumt und ohne Schnickschnack: Das Cockpit des Phoenix macht es seinem Piloten leicht.
Neben der Türstrebe links hinter dem Pilotensitz ist ein transparenter Schlauch montiert, an dem die Kraftstoffmenge des 110 Liter fassenden Haupttanks abgelesen werden kann. Der in unserem Heli verbaute optionale Zusatztank fasst 65 Liter, woraus sich eine ausfliegbare Kraftstoffmenge von 168,5 Liter ergibt. Bei einer Reisegeschwindigkeit von 150 km/h und einem Verbrauch von 50 l/h beträgt die Flugzeit rund dreieinhalb Stunden.
Das Panel im Instrumentenpilz ist übersichtlich gestaltet und mit allem Notwendigen ausgestattet. Ich als "oldschool pilot" finde es gut, dass man sich auf das Wesentliche beschränkt und auf Schnickschnack verzichtet. Die analogen Uhren lassen sich gut ablesen, alle Schalter und Bedienelemente sind problemlos zu erreichen. Nach persönlicher Präferenz können in der Serienfertigung auf Wunsch auch verschiedene Glascockpits ausgewählt werden.
Das Overhead Panel ist eben falls übersichtlich strukturiert, auch hier ist nichts Unnötiges verbaut. Das Anlassen der Turbine erfolgt dank der Turbine Control Unit (TCU) mit FADEC weitgehend automatisiert. Nach Einleiten der Startsequenz hört man den Zündimpuls, dann das Verbrennungsgeräusch, und die Turbine läuft zunächst bis auf 40 Prozent Drehzahl hoch.
Durch Betätigung des kleinen, vorn im Kollektivhebel angebrachten TCU Schalters wird mit drei Klicks nach oben die Drehzahl von der FADEC automatisch auf 80 Prozent erhöht. Bei rund 50 Prozent greift die Fliehkraftkupplung und sorgt für ein sanftes Anlaufen des Rotors bis zur vollständigen Synchronisation mit der Turbine. Vor dem Abheben muss jetzt nur noch die Drehzahl mittels mehrerer Klicks am TCU-Schalter auf 100 Prozent erhöht werden.
Es versteht sich von selbst, dass parallel alle relevanten Systeme nach Checkliste eingeschaltet werden und man das Verlöschen aller Warnlampen abwartet. Den ersten Start überlasse ich Franz Rupp, damit ich mir zunächst die Bedienschritte und das Handling der Maschine unbelastet anschauen kann. Nach dem Steigflug auf Sicherheitshöhe übergibt er mir die Steuerführung, und ich kann mich mit dem UL-Heli anfreunden.
Die für Zweiblattrotoren eigentümlichen vertikalen Schwingungen sind deutlich zu spüren, aber nicht unangenehm. Beim Start mit Nosedown-Fluglage bemerke ich, dass die obere, quer verlaufende Cockpitstrebe den Blick auf den Horizont einschränkt. Hier versichert mir Franz gleich, dass das in der Serienfertigung durch eine andere Anordnung verbessert wird.
Hovermanöver & Autorotation im Test
Von Kißlegg fliegen wir nach Leutkirch, um dort ein Programm mit Standardmanövern zu fliegen. Der erste Landeanflug erfolgt gemäß Height-Velocity-Diagramm mit einer Geschwindigkeit von ca. 100 km/h, die eine Autorotationsfähigkeit bei Turbinenausfall bis in Bodennähe sicher ermöglicht. Fahrt und Höhe werden dann kontinuierlich durch leichtes Ziehen am Stick bei gleichzeitigem Senken des Kollektivhebels verringert, um anschließend mit umgekehrten Steuerimpulsen den Hubschrauber in Hoverhöhe zum Stehen zu bringen.
Dabei bemerke ich, dass der FR200 beim Übergang in den Schwebeflug empfindlich auf Pedaleingaben zum Ausgleich des Drehmoments über den Heckrotor reagiert. Hier ist also erhöhte Aufmerksamkeit gefragt. Beim kollektiven Blattverstellhebel empfinde ich die erforderlichen Kräfte als recht hoch, durch die einstellbare Reibungsbremse lässt sich der Widerstand aber regulieren.
Als Nächstes folgen einige Schwebeflugmanöver, beginnend mit dem sogenannten Hoverquadrat. Dabei werden die Seitenlinien und Diagonalen eines virtuellen Quadrats vorwärts, seitwärts, rückwärts usw. nacheinander abgeflogen und im Schnittpunkt der Diagonalen eine volle Drehung rechts- und linksherum durchgeführt. Der FR200 lässt sich dabei mit gleichmäßiger Hovergeschwindigkeit präzise in alle Bewegungsrichtungen manövrieren, an die im Bodeneffekt erforderliche Aufmerksamkeit bei der Pedalarbeit habe ich mich mittlerweile gewöhnt.
Danach probiere ich noch ein weiteres Hovermanöver, die sogenannte Pirouette, bei dem eine erhöhte Koordination von Stick, Kollektiv und Pedalen, insbesondere bei Windeinfluss, gefragt ist. Die Aufgabe dabei ist es, eine 360-Grad-Drehung im Abstand von fünf bis zehn Metern, um einen markanten Bezugspunkt mit gleichbleibendem Abstand zum Mittelpunkt und gleichförmiger Drehgeschwindigkeit zu vollziehen.
Die Herausforderung liegt darin, die Nase des Hubschraubers dabei immer möglichst genau auf den Mittelpunkt auszurichten. Auch dieses Manöver lässt sich bezüglich der Steuereingaben mit angemessenem Koordinationsaufwand bewältigen.
Schließlich fliege ich einen Quickstopp, also ein Manöver zum schnellen Anhalten, bei dem der Hubschrauber in Bodennähe zunächst auf rund 100 km/h beschleunigt wird, um dann mit zügigem Aufrichten der Nase ohne Wegsteigen in den stationären Schwebeflug überzugehen.
Dies ist auch eine gute Vorübung für den letzten Teil einer Autorotationslandung. Wir machen die Übung zuerst gegen und danach mit dem Wind. Der Heli lässt sich gut kontrollieren, wobei einmal mehr ein gutes Zusammenspiel der Steuerorgane gefragt ist. Die Turbine reagiert dabei angenehm weich auf die erforderlichen schnellen Lastwechsel. Auch mit Rückenwind ist das Manöver problemlos zu fliegen, der Anhalteweg ist dabei logischerweise etwas länger.
Zum Abschluss will ich mir noch das Flugverhalten beim simulierten Ausfall des Triebwerks anschauen. Dazu fliegen wir in die Leutkircher Platzrunde in 2800 Fuß MSL ein, bleiben im Endanflug auf einer Höhe von 700 Fuß AGL und leiten dann die Autorotationslandung ein. Aufgrund der Masse und des Profils der Rotorblätter muss der Kollektivhebel zügig, aber nicht überstürzt gesenkt werden. Nase hochnehmen und Drehmomentausgleich gehören gleichzeitig dazu, damit der Heli in der Spur bleibt und die richtige Fluglage für den Autorotationssinkflug mit 100 km/h einnimmt.
Die Rotordrehzahl bleibt bei reduzierter Turbinendrehzahl und über den Freilauf ausgekuppeltem Rotor im Sinkflug stabil bei 100 Prozent, und es geht mit einer kommoden Sinkrate von ca. 1500 ft/min dem Boden entgegen. Beim anschließenden Flare in gut 50 Fuß AGL wird durch Zurücknehmen des Sticks eine Nose-up-Fluglage eingenommen, die zu einer leichten Erhöhung der Rotordrehzahl führt. Gleichzeitig werden die Sinkrate und die Geschwindigkeit signifikant reduziert.
Positiv ist, dass die Rotordrehzahl beim Ausschweben vergleichsweise langsam abbaut, bevor ich mit Ziehen am Kollektiv, gleichzeitigem Pedalausgleich und Korrektur am Stick zum Einsteuern einer zum Boden parallelen Fluglage den Hubschrauber in Hoverhöhe durch Leistungszufuhr zum Stehen bringe. Die Turbine kuppelt bei diesem Manöver erstaunlich weich ein, was sich hinsichtlich der notwendigen Pedaleingaben positiv bemerkbar macht. Es ertönt dabei kurz der Piepton der Unterdrehzahl-Warnung, was aber systemimmanent vollkommen normal ist.
Das Airwork ist beendet, und wir fliegen zunächst zum Flugplatz Wildberg bei Lindau am Bodensee. So bekomme ich Gelegenheit, den FR200 auch im Reiseflug zu erleben. Mit rund 150 km/h liegt der Hubschrauber bei den üblichen vertikalen Schwingungen ruhig in der Luft, bei weiterer Beschleunigung verstärkt sich das Schwingungsverhalten und führt bei Höchstgeschwindigkeit von 185 km/h zu einem etwas unruhigen Flugverhalten um die Hochachse, was aber völlig normal und unkritisch ist.
Der kollektive Blattverstellhebel kann zur Entlastung der linken Hand mittels der bereits erwähnten Reibungsbremse in der gewünschten Stellung fixiert werden. Im Geradeausflug, aber auch beim Kurvenflug zeigen einem zwei kleine Wollfäden an der Mittelstrebe der Frontscheibe sehr exakt an, ob man wirklich im Trim fliegt. Bei der Alouette II haben wir das "Instrument" damals "Wollometer" genannt. Ein einfaches, quasi kostenloses Tool, aber sehr effektiv und zuverlässig.
Beim Stick hat man bislang auf eine Trimmung verzichtet. Sie ist nicht zwingend erforderlich, aber aus meiner Sicht durchaus wünschenswert. Gerade bei längeren Überlandflügen wäre sie zur Entlastung bei kurzem Hands-off-Fliegen hilfreich: Man fliegt diesen Hubschrauber ja schließlich vom linken Sitz und muss alle Geräte mit der rechten Hand bedienen.
Als die ersten Regentropfen auf die Frontscheibe prasseln, nehmen wir Kurs auf die Rupp-Basis in Kißlegg. Hier gelingt mir die Abschlusslandung auf der Asphaltfläche direkt vor dem Hallentor trotz gebäudeinduzierter Turbulenzen durch den Rotorabwind schon recht gut. Franz und auch ich sind jedenfalls zufrieden.