Cessna 140
Die frühen Cessna-Modelle 120 und 140 sind zumal in Europa äußerst selten und fast vergessen. Dabei lässt sich an ihnen wunderbar erforschen, wie die erfolgreichste Kolbenmotorflugzeugfamilie der Welt Gestalt angenommen hat.
Die Cessna-typischen Blattfederfahrwerksbeine („Spring Steel Landing Gear“) beispielweise fanden mit der 120/140 erstmals eine Anwendung im großen Stil. Oder die ebenso typischen einteiligen Tragflächenstreben: Die frühen Baureihen der 120/140 hatten noch zweistielige Streben, bei der 1949 eingeführten 140A stellte Cessna bereits auf die einstielige Aluminiumstrebe um.
Oder die Tragflächen: Die 140A bekam die für die nachfolgenden Baureihen charakteristischen Ganzmetallrechteckflächen, die Flügel der 120/140 dagegen waren stoffbespannt.
Noch vor Ende des Zweiten Weltkriegs hatte man bei Cessna mit der Konstruktion eines zivilen Einfachflugzeugs begonnen. Zahllose aus dem Militärdienst entlassene Piloten, so glaubte Cessna-Präsident Dwane L. Wallace wie andere Hersteller auch, würden privat weiterhin fliegen wollen. Der Bedarf für die Nachkriegs-USA wurde ganz offiziell als enorm eingeschätzt, 200.000 Flugzeuge pro Jahr wurden als nicht unrealistisch betrachtet.
Die Cessna-Werke, die auf dem Höhepunkt der Kriegsproduktion mehr als 6.000 Menschen beschäftigt hatten, wollten frühzeitig mit einem passendem Modell auf dem Markt sein. Nach nur wenigen Monaten Entwicklungszeit startete der Prototyp von Cessnas Jedermannflugzeug im Juni 1948 zum Erstflug. Die Serienproduktion nahm schnell Fahrt auf, bereits im August 1946 wurden täglich 22 Exemplare aus der Halle gerollt, in Spitzenzeiten schwoll die Zahl auf 30 an.
Die 120er und die 140er wurden auf einer gemeinsamen Fertigungslinie gebaut. Die 120er war die Sparversion mit kümmerlicher Innenausstattung, ohne Klappen und ohne elektrisches System. Sie wurde für 2695 Dollar angeboten. 3245 Dollar kostete die 140er, die nahezu alles bot, was ein Privatpilotenherz zu jener Zeit begehren konnte. Äußerlich sofort zu erkennen ist sie an den zusätzlichen Dreiecksfenstern.
Gemeinsam war beiden Modellen der 85-PS-Continental-Motor und – als Standard – die blanke Aluminiumoberfläche. Eine Lackierung kostete immerhin 200 Dollar extra. Die Luxusversion verkaufte sich trotz ihres höheren Preises dreimal besser als die Schlichtausführung.
Besonderes Interesse fand das ungewöhnliche „Spring Steel“-Hauptfahrwerk, eine Erfindung des Rennpiloten Steve Wittman. 1948 gab es dann für die 140er ein moderneres Panel und 1949 gegen Aufpreis den fünf PS stärkeren C-90-12-Vierzylinder von Continental.
Das robuste und vergleichsweise leistungstarke Spornradflugzeug wurde zum Verkaufsschlager, trotzdem verlangte die Kundschaft nach mehr.
1947 brachte Cessna daher eine Viersitzerversion heraus, 170er genannt, mit 145-PS-Motor und noch mit Spornrad. Dieses sollte zu Cessnas erstem „Familienauto der Luft“ und in der 1956 eingeführten Bugradversion zum meistgebauten einmotorigen Privatflugzeug aller Zeiten werden.
Von dieser Ehre blieb die 120er/140er Zeit ihres Lebens weit entfernt, bei Produktionsende 1951 wurden 2164 Cessna 120, 4881 Cessna 140 und gerade einmal 525 Cessna 140A gezählt. Dafür avancierte der glänzende Spornradschulterdecker zum gesuchten Klassiker.
Zu dem Konzept des zweisitzigen Trainers fand Cessna erst 1958 mit dem Modell 150 wieder zurück. Dieses sollte für Jahrzehnte überall auf der Welt zum Inbegriff des Schulflugzeugs werden.