Die Fliegerparty im französischen Vichy war vorbei, bevor sie richtig in Fahrt kam. Mit Wucht zog am Samstagabend ein Gewitter über die Region hinweg. Sturmböen rissen Zelte und Absperrungen um. Ein Ultraleichtflugzeug wurde quer über den Platz gefegt. „Zwei Flugzeuge wurden schwer beschädigt. Fünf Aussteller haben ihre komplette Ausstattung verloren: Avionik, Bücher, Flugzeuge“, zieht Organisatorin Béatrice de Reynal Bilanz.
Dabei waren die Vorzeichen für das Treffen im Juli vielversprechend: 330 Flugzeuge hatten sich zum Eurofly’in der französischen Selbstbau- und Oldtimervereinigung RSA, der Fédération française des constructeurs et des collectionneurs d’ aéronefs, angemeldet. Die Hoffnung, dass noch mehr Gäste kommen würden, stand im Raum. „Zu besten Zeiten kamen 2000 Flugzeuge hierher. Das war allerdings vor 10 oder 20 Jahren“, sagte Béatrice de Reynal. Seitdem sind die Auflagen der Behörden gestiegen und die Besucherzahlen gesunken. Trotzdem gilt das RSA-Treffen immer noch als größtes Fly-in Frankreichs.
Zum 70. Geburtstag der RSA wollte man es bewusst ruhig angehen lassen. Um die Bürokratie zu reduzieren, verzichteten die Organisatoren auf den öffentlichen Teil – 2016 wurden noch 5000 Besucher gezählt. In diesem Jahr dagegen gab es keine Beschilderung zum Flugplatz, keine Shuttlebusse, keine Airshow. Geplant war ein Treffen von Piloten für Piloten. Wer sich trotzdem auf den Weg machte, war natürlich willkommen. Zumindest am Freitag und Samstag ging das Rezept auf. Topwetter und reger Flugbetrieb machten Lust auf mehr. 170 Flugzeuge landeten auf der 2,2 Kilometer langen Asphaltpiste: Eigenbauten, Oldtimer, Ultraleichte und Alltags-Einmots.
Das Publikum war international. Eine besondere Einladung galt den italienischen Piloten. Auch Briten, Schweizer, Belgier und Crews aus Deutschland hatten sich auf den Weg nach Vichy in der Mitte Frankreichs gemacht. Viele Gäste waren Wiederholungstäter. 45 freiwillige Helfer sorgten für den reibungslosen Ablauf.
Alle Zutaten, die ein Fly-in braucht
Workshops wurden abgehalten, Preise verliehen, und in der Stadt war auf dem Fluss Allier ein Wasserflugplatz eingerichtet. Zwei Piper Super Cub auf Floats zelebrierten in den Morgen- und Abendstunden ein Splash-in im kleinen Kreis. Die Parkflächen waren eine Fundgrube für nicht alltägliche Fluggeräte und Kontaktplattform für Piloten zugleich – schnell kam man ins Gespräch. Aus deutscher Sicht wenig bekannte ULs und Selbstbauten prägten das Bild. Entenflügler erinnerten an Oshkosh & Co.
Zu den Blickfängern unter den Homebuilts gehörte die Van’s RV-9 von Alberto Belfiori aus dem italienischen Ancona. Als er vor vier Jahren mit dem Bau des Metalltiefdeckers begonnen hatte, wusste er nur wenig über Flugzeugbau. Los ging es mit dem Leitwerk als Schnellbausatz, später folgten Flügel und Rumpf. Seit Oktober 2016 ist seine nahezu perfekt gebaute I-WING flügge. Unter die Rubrik Alltagsklassiker fällt die Jodel D.119, Baujahr 1956, mit der Colin Hughes und Dave Brooks im britischen Hinton-in-the-Hedges gestartet waren. Etwas jünger, Baujahr 1967, ist die nahe Oxford stationierte Robin DR 221, mit der Karen und David Taylor gerne durch Europa, insbesondere Deutschland, touren: „Die beste Pizza gibt es in der Bonner City und leckere Steaks in Idar-Oberstein.“
Klein, schnell, selten: Nicolas Souchon kam mit seinem Pylon-Racer aus dem Süden Frank-reichs. Seine MP205 Busard bringt es mit einem 100 PS (74 kW) starken O-200 von Rolls-Royce auf 300 km/h. 1979 wurde der Holz-Renner gebaut. 2010 kaufte Souchon das Flugzeug und renovierte es bis zum ersten Start Ende 2016. „Nur drei Stück fliegen derzeit“, sagte ihr Besitzer.
Plattform für 35 Aussteller
Gut vertreten war auch die UL-Fraktion. Jürgen Schmaglinski und Detlef Spinger beispielsweise waren mit ihrer C42 aus Binningen in Süddeutschland gekommen. Im Vergleich geradezu exotisch mutet die Mignet HM.1100 Cordouan an, eine Variante der Pou-du-Ciel, der Himmelslaus. Als „Flugzeug für Piloten“ beschrieb Mathieu Brenac aus Albertville seinen Tandemflügler mit Jabiru-Motor.
Geschäftig ging es auf dem Vorfeld zu. 35 Aussteller – Flugzeughersteller, Zubehöranbieter und Motorenbauer – präsentierten sich und ihre Produkte. Schwerpunkt, wie sollte es anders sein, waren die Eigenbauten.
Umringt war vor allem die Gaz’aile 2, ein sportlicher Selbstbau-Zweisitzer in Holzbauweise aus der Feder von Serge Pennec. Angetrieben werden viele Exemplare von einem 1,4-Liter-PSA-Dieselmotor mit 39 Kilowatt (53 PS), der für rund 200 km/h Reisegeschwindigkeit gut sein soll.
Flugbegeisterte Rollstuhlfahrer des RSA-Clubs Champagne Sud präsentierten die Océanair Handi TC 180. Mit dem Bau dieses Flugzeugs haben sich die Piloten den Traum vom Fliegen erfüllt. Der Viersitzer mit behindertengerechter Steuerung basiert auf der Robin DR 400, verzichtet aber auf den Knickflügel. Um den Umstieg vom Rollstuhl ins Cockpit so einfach wie möglich zu machen, steht die Océanair auf kurzen Fahrwerksbeinen. Der Dreiblattpropeller ist mit Blick auf die Bodenfreiheit entsprechend klein dimensioniert.
Zu sehen war auch der Einsitzer MC-30 Luciole von Konstrukteur Michel Colomban. Pilot und Erbauer Bernard Mucherie aus Fontainebleau brauchte acht Jahre, um seine F-PIUP in die Luft zu bekommen. Angetrieben wird das rund 100 Kilogramm leichte Flugzeug von einem Briggs & Stratton-Viertakter.
Was es sonst noch gab: Ultralight Concept aus Belgien zeigte die deutsch registrierte UL- Stampe. Die SV4-RS orientiert sich am Original aus den 1930er Jahren und hob Ende 2016 zum Erstflug ab. Ein paar Stände weiter war ein Boxermotor auf VW-Basis mit elektronischer Benzineinspritzung des polnischen Herstellers Vaxell ausgestellt. Oratex, der Bespannstoff „made in Germany“, war ebenfalls präsent. Klassiker wie T-6, Morane-Saulnier MS.733 Alcyon und ein Spitfire-Nachbau von Supermarine rundeten das Bild ab.
aerokurier Ausgabe 10/2017