Unfallanalyse
Im Dunkeln gegen den Fels

Im September 2016 verunglückte der Red-Bull-Air-Race-Pilot Hannes Arch in der Kärntener Schobergruppe beim Absturz seiner Robinson R66 tödlich. Die österreichischen Unfalluntersucher vermuten Desorientierung in der Dunkelheit als Ursache.

Bereits am Mittag des 8. September 2016 war Hannes Arch laut Bericht der österreichischen Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes (SUB) mit seiner R66 vom Flughafen Salzburg aus zu einem Flug ins hintere Gößnitztal aufgebrochen, um die Elberfelder Hütte mit Lebensmitteln zu versorgen. Hier stellte der Pilot seinen Helikopter auf dem Außenlandeplatz ab und verbrachte die Zeit bis etwa 18:50 Uhr UTC vor Ort. Gegen 19:02 Uhr startete er den Hubschrauber wieder, um gemeinsam mit dem Hüttenwirt zurück ins Tal zu fliegen. Der Passagier berichtete nach dem Unglück den Behörden, Arch habe ihn darüber informiert, dass er erst 1000 Fuß aufsteigen und dann direkt nach Salzburg fliegen werde, da er in dieser Höhe keinen Hindernissen mehr ausweichen müsse.

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Der Hubschrauber stand beim Start entgegen der späteren Abflugrichtung. Gegen 19:05 Uhr hob die R66 ab und drehte 180 Grad nach rechts um die Hochachse. Hierbei fiel dem Passagier der eingeschaltete Landescheinwerfer auf. Darauf folgend steuerte Arch den Hubschrauber zunächst auf einen Kurs von etwa 340 Grad in Richtung Talausgang. Er erhöhte die Geschwindigkeit, änderte die Richtung aber sukzessive weiter in Richtung Osten. Nach eineinhalb Minuten Flugzeit erkannte der Passagier Felsen im Lichtkegel, woraufhin der Pilot den Helikopter mit Zug am Stick in eine steile Nose-up-Fluglage brachte. Kurz darauf kollidierte die R66 mit dem felsigen Untergrund. Das Wrack blieb etwa 15 Meter unterhalb der Aufschlagstelle an einem steilen Hang liegen, der sich rund 650 Meter nordnordöstlich und zwölf Meter oberhalb der Elberfelder Hütte befand. Das Trümmerfeld erstreckte sich über einen Radius von etwa 100 Metern. Als Bergrettung und Alpinpolizei den Unfallort gegen 2:30 Uhr erreichten, befanden sich der bereits verstorbene Arch und sein Mitflieger noch im Cockpit, ihre Sicherheitsgurte waren angelegt und geschlossen. Erst um 4:15 Uhr konnte der durch Hals- und Lendenwirbel- sowie Rippenbrüche schwer verletzte Passagier mittels Hubschrauber abtransportiert werden.

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Keine Hinweise auf technische Ursachen

Das Wrack wurde von der SUB detailliert begutachtet. Dabei ergaben sich keine Hinweise darauf, dass ein technisches Versagen ursächlich für den Absturz gewesen sein könnte. Die Steuerungselemente für Haupt- und Heckrotor waren abgesehen von Gewaltbruchstellen infolge des Unfalls kraftschlüssig verbunden, der Kraftstofftank wies keine Hinweise auf Undichtigkeiten auf, und auch der Kraftstoff entsprach den Spezifikationen für Jet A-1. Die Untersuchung des Triebwerks und die Analyse der Daten der Triebwerksüberwachung blieben ebenso ohne Befund wie die Nachforschungen zu Beladung und Schwerpunkt.

Da auch meteorologische Faktoren als Unfallursache ausgeschlossen werden konnten, konzentrierten sich die Ermittler in der Folge auf flugbetriebliche Aspekte. Zunächst wurde das von Arch erläuterte Abflugverfahren analysiert, das sich aber laut Untersuchungsbericht angesichts der theoretischen Performance des Hubschraubers eignete, um den Flug durchzuführen.

Schlechte Sicht

Als kritisch bewertet die SUB die Lichtverhältnisse an jenem Abend. Das Ende der bürgerlichen Abenddämmerung wurde mit 18:07 Uhr UTC angegeben. In Verbindung mit dem Mondstand und dessen Abdeckung muss von einer Nacht mit sehr geringem natürlichen Lichtanteil ausgegangen werden; das wurde auch von Zeugen auf der Hütte bestätigt. Zudem gibt es am Ausgang des Gößnitztals keine künstlichen Lichtquellen, was die Orientierung erschwert. Die Situation wurde mutmaßlich noch verschärft durch die laut Passagier eingeschalteten Landescheinwerfer sowie das nicht gedimmte Instrumentenpanel. Die Aussage wurde durch die im Wrack vorgefundenen Schalterstellungen gestützt. Die Lichter hätten laut Unfallbericht auf den Piloten eine starke Blendwirkung ausüben müssen, was wiederum die Horizontfindung außerhalb des Scheinwerferkegels erschwert. Hierin vermuten die Experten die Ursache für die Kursschwankungen.

Orientierungsverlust am wahrscheinlichsten

Die Leuchtweite des Landescheinwerfers betrug etwa 60 Meter, bei der zuletzt via GPS registrierten Fluggeschwindigkeit von 53 Knoten blieben Arch also nur etwas mehr als zwei Sekunden, um im Scheinwerferkegel auftauchenden Objekten auszuweichen. Aufgrund der fehlenden Sicht außerhalb des Lichtkegels war dies laut SUB nicht mehr möglich.So kommen die Ermittler zu dem Schluss, dass sich der Absturz wahrscheinlich infolge eines Orientierungsverlustes kurz nach dem Start ereignet hat, zu dem die Dunkelheit und die Blendung durch Scheinwerfer und Instrumentenpanel beigetragen haben können.

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