Pullman City-Chef Wolfgang Hagenberger im Interview

Interview
Pullman City-Chef Wolfgang Hagenberger

Veröffentlicht am 03.08.2016
Pullman City-Chef Wolfgang Hagenberger

Wolfgang, du bist quasi der Bürgermeister einer Westernstadt. Wie kamst du überhaupt auf diese Idee?

Meine Eltern hatten einen Pferdezuchtbetrieb. Da gab es für mich halt immer nur Pferde und Reiten statt Fußball und Disco. Aber früher oder später willst du dich auch mal weiterentwickeln. Und so habe ich zusammen mit ein paar Freunden, die auch eine starke Affinität zu Pferden hatten, den Sattelclub gegründet. Da wir zur Bonanza-Generation gehören, interessierten wir uns besonders für den Wilden Westen, aber so, wie er wirklich war. Damit konnten wir schnell auch andere begeistern, und wir führten, natürlich erst im Kleinen, Westernreitveranstaltungen durch. Später konnten wir einen alten Märchenpark in der Nähe von Passau erwerben und begannen, dort „Pullman City, die Westernstadt in Bayern“ aufzubauen. Doch irgendwann wurde es Zeit für eine Veränderung, und ich spielte mit dem Gedanken einer eigenen Westernstadt.

Da hast du im Harz, in Hasselfelde, noch einmal ganz von vorne begonnen?

Im Prinzip ja. Ich hatte ja schon das Know-how, und ich wusste, was man braucht und wie man es präsentieren muss, um Westernfeeling und Lagerfeuerromantik zu erzeugen. Um authentisch zu sein, habe ich fast alle ausgestellten Exponate direkt in Texas und Oklahoma ausgesucht und in Containern nach Hasselfelde transportieren lassen. Nachdem ich dann auch noch eine gute Mitarbeitercrew gefunden hatte, starteten wir vor 16 Jahren mit „Pullman City, der Westernstadt im Harz“.

Deine Westernstadt liegt im Landschaftsschutzgebiet, hat aber sogar einen eigenen, ordentlich zugelassenen Flugplatz. Wie ist das möglich?

In unserer Westernstadt demonstrieren wir Naturverbundenheit. Hier gibt es Tiere zum Anfassen, Reiten für jedermann, wir züchten Bisons, Longhornrinder und natürlich Pferde. Zudem bin ich im Landschaftspflegeverband aktiv. Dieses Engagement sehen offensichtlich auch die Behörden und Naturschutzorganisationen mit Wohlwollen, denn ich habe sofort die Flugplatzgenehmigung nach Paragraf 25 Luftverkehrsgesetz bekommen. Sogar die Zulassung nach Paragraf 6 als allgemeiner UL-Flugplatz wurde vor fünf Jahren erteilt.

Aber spielt bei solchen Entscheidungen nicht auch die hohe Popularität, die Pullman City zum regionalen Wirtschaftsfaktor macht, eine Rolle?

Ja natürlich. Wir gehören mit mehr als 200 000 Besuchern jährlich zu den wichtigen Tourismusattraktionen und mit 150 Mitarbeitern zu den größten Arbeitgebern in der strukturschwachen Region Oberharz. Der Flugplatz ist dabei ein ebenso wichtiger Teil des Konzepts. Er spricht Piloten an, wie unsere Stallungen für Wanderreiter oder unsere Folklore- und Musikveranstaltungen für Westernfreunde interessant sind.

Welche Rolle spielt die Fliegerei in deinem Leben?

Vor zehn Jahren, als die Westernstadt aus dem Gröbsten raus war, habe ich mit dem Fliegen begonnen. Zuerst lernte ich Tragschrauber zu steuern, und etwas später erweiterte ich meine Lizenz auf Ultraleichtflugzeuge. Ich freue mich immer wieder aufs Neue, die Natur von oben betrachten zu können. Dazu ist mein offener Tragschrauber MTOsport ideal. Wenn es die Wetterverhältnisse zulassen, dann steige ich aber auch gerne in meinen Kiebitz-Doppeldecker. Geschwindigkeit spielt für mich beim Fliegen keine Rolle – ich möchte einfach nur nach unten schauen und genießen. Das ist für mich Freiheit pur.

Wird Pullman City häufig von Piloten angeflogen?

Wir haben jährlich immer ungefähr 400 Starts. Aber die Wetterlage im Harz spielt halt eine große Rolle. Manchmal bläst der Wind so, dass an Fliegen gar nicht zu denken ist. Auch unsere Platzhöhe von 1600 Fuß muss an heißen Tagen beachtet werden. Aber im Schnitt kommen jedes Wochenende 20 bis 30 Ultraleichtflugzeuge, Tragschrauber und Trikes. Außerdem organisieren wir jährlich ein Flugplatzfest und von Zeit zu Zeit auch Thementreffen für Piloten. Tradition hat mittlerweile schon unser Wild West Fly In, das immer Mitte August stattfindet.

Was ist an dem Flugplatz der Westernstadt im Harz so besonders?

Wegen unserer topografischen Lage ist es wirklich nicht ganz einfach, hier sicher zu landen. Insbesondere beim Anflug aus Osten muss man frühzeitig aufsetzen, denn die Bahn endet kurz vor dem Palisadenzaun der Stadt. Da wir aber ein PPR-Platz sind, habe ich ja vorher immer Gelegenheit, jeden Piloten auf die Besonderheiten hinzuweisen. Auch im Anflug gebe ich bei Bedarf über Funk Hilfestellung. Der Gesetzgeber verlangt übrigens für eine Landung hier eine Mindestflugerfahrung von 100 Stunden.

Eine erwähnenswerte Besonderheit ist, dass die Flugzeugbesatzungen freien Eintritt in die Westernstadt haben ...

Ja, stimmt, das kostet nichts, und auch die Landung ist gebührenfrei. Es steht aber eine Spendenbüchse bereit, denn ich unterstütze schon seit vielen Jahren das Hamburger Kinderhospiz „Sternenbrücke“. Da freue ich mich natürlich über jeden Euro, der in die Dose fällt.

Im Wilden Westen

Mitten im Landschaftsschutzgebiet Oberharz betreibt der 57-jährige Wolfgang Hagenberger, ein waschechter Münchener, der nie seinen Dialekt abgelegt hat, den Erlebnispark „Pullman City“.
Das ist eine 200 000 Quadratmeter große Westernstadt, die den Besuchern den wahren Alltag von Indianern und Siedlern im 19. Jahrhundert näherbringen möchte. Direkt neben dem Palisadenzaun des Ortes liegt der dazugehörige Flugplatz Hasselfelde, der höchstgelegene im Umkreis von mehreren hundert Kilometern.

aerokurier Ausgabe 07/2016