Wenn man eine Liste der elegantesten Segelflugzeuge aufstellte, dann müsste die Foka 4 sich ganz weit oben wiederfinden. Der schlanke Rumpf, die hoch angesetzten, trapezförmigen Flächen und das schnittig nach hinten geschwungene Seitenleitwerk machen die Silhouette des 1960 konstruierten Holzfliegers so unverwechselbar. Der Eindruck von Dynamik wird noch durch das weit hinten angesetzte Höhenleitwerk verstärkt, dem die Foka förmlich davonzufliegen scheint. Ein absoluter Hingucker!
„Ich wollte immer was Exotisches haben“, sagt David Schneider. „Als ich im Spätsommer 2014 den Entschluss fasste, mir ein Flugzeug zu kaufen, hatte ich zunächst eine SB-5 im Sinn. Aber die Foka hat auch irgendwie im Hinterkopf geschlummert.“ Der Zufall wollte es, dass gerade zu diesem Zeitpunkt eine Foka 4 in Kyritz zum Verkauf stand. „Ich bin aus Rheinland-Pfalz dahin gefahren, ohne dass ich das Flugzeug vorher gesehen hatte. Bei Leipzig kamen erste Fotos per Mail, und ich war mir nicht mehr so sicher, ob ich weiterfahren sollte. Uralt-Lackierung wie zu DDR-Zeiten, da war mir klar, das bedeutet Arbeit.“
In Kyritz angekommen, fällt die Entscheidung schnell. „Die Substanz des Flugzeuges war gut, und so viele Stunden hatte sie auch noch nicht“, erinnert sich David. „Und noch ein Argument sprach für den Flieger: Er war bei der Gesellschaft für Sport und Technik der DDR (GST) geflogen und die Dokumentation seiner Geschichte und aller durchgeführten Arbeiten militärisch vorbildlich.“ Aber es gibt Baustellen. „Der rot lackierte I-Pilz passte mir nicht, das Cockpitinterieur verdiente eine Aufwertung, und die TEK-Düse sollte vom Rumpfrücken ins Seitenleitwerk wandern.“ Für David Schneider kein Problem. Bei Schempp-Hirth hat er den Beruf des Leichtflugzeugbauers erlernt, war anschließend bei Lange Aviation am Bau der Antares beteiligt und schraubt heute für einen großen Maintenance-Dienstleister an Boeing-Frachtern.
In der Flugplatzwerkstatt geht es an die Arbeit. „Den Pilz hatte ich erst selbst lackiert, das sah aber nicht so gut aus. Also hat es ein Profi mit Nextel gemacht. Die Instrumente kamen alle neu, neben 80er-Höhen- und Fahrtmesser sowie Vario von Winter habe ich ein V3-Vario von LX Avionik und ein FlarmView57 installiert.“ Das FLARM selbst verbaut David im Kasten vor den Pedalen, die Antenne sitzt obendrauf und verschwindet bei zugeschobener Haube unter der Bugspitze. Mit grauem Lack bekommt das Cockpit eine dezente Anmutung, ein Sattler fertigt Seitentaschen neu und bezieht die Kopfstütze. Ein professioneller Batteriekasten aus Leichtmetall beherbergt den Akku, allein der Life-Jacket-Aufkleber ist wohl nicht so ganz ernst zu nehmen. „Tribut an den Berufsalltag“, sagt David und grinst. Am Exterieur sollte eigentlich gar nicht so viel passieren. „Aber beim Verschleifen der Öffnung im Seitenleitwerk, die ich fräsen musste, um die Aufnahme für die TEK-Düse einzubauen, habe ich gemerkt, dass der Lack gut abgeht. Und dann habe ich halt gleich den ganzen Rumpf geschliffen zwecks Neulackierung.“ Die Idee fürs neue Farbkleid stammt aus einem Modellbauforum. „Die Jungs haben mir wertvolle Tipps gegeben. Die Foka 5 war häufiger mit einem Zierstreifen in kräftigem Blau lackiert, das hat mir gefallen. Die Lackierung kam in weißem Lack, der normalerweise für Boeings genutzt wird, aber ein paar Wochen überlagert war – und weg musste.“ Wieder grinst David.
Am Ostersonntag 2015 ist es so weit. Alle Prüfungen sind abgenommen, die Foka darf fliegen. „Ich hatte inzwischen rund 1500 Flugstunden auf etwa 150 Motor- und Segelflugzeugtypen – aber keinerlei Erfahrung auf der Foka. Ich wusste nur aus Erzählungen, dass sie sich schön und ausgewogen fliegen soll.“ Zum Selbstbriefing blieb nur, das Handbuch durchzuarbeiten. Dann der Sprung ins kalte Wasser – das so kalt gar nicht war. „Es hat von Anfang an alles gepasst, das Flugzeug hat es mir nicht schwer gemacht. Aber ich bin polnische Flugzeuge wie den Bocian und den Pirat sowieso immer gerne geflogen, und auch die Foka steht ganz in der Tradition dieser tollen Segler.“ Inzwischen hat David auf seiner Foka rund 25 Flugstunden gesammelt, größere Streckenflüge stehen noch aus.
Ein Stück weit ist die Platzfliegerei der Tatsache geschuldet, dass ein ordentlicher Anhänger für das Flugzeug fehlt. „Der, den es dazu gab, war so ein riesiger DDR-Transall, in der mit passenden Einbauten Pirat, Foka und andere Einsitzer transportiert werden konnten. Aber der war nicht alltagstauglich.“ Schrottig sah auch der Anhänger aus, den David auf einem Flugplatz fand und für einen Obolus entführen durfte. „Voll-GFK-Deckel, gute Substanz, aber ansonsten total vergammelt“, erinnert er sich. Doch einen handwerklich Begabten schreckt so was natürlich nicht. Nach einer Komplettreinigung sägt David den Deckel ab, legt ihn mit Holzprofilen rund 30 Zentimeter höher – ein Tribut an die tiefen Flächen der Foka – und verschließt den Spalt ganz klassisch mit GFK-Laminat. „Ich sag nur: 20 Meter Gewebe und 25 Kilo Harz.“ Auch die Einbauten und die Elektrik überholt er, fertigt manches neu und verpasst dem Gefährt eine neue Deichsel und schließlich neuen Lack. Als Krönung kommen große SZD-Aufkleber auf den Deckel. Understatement eben. „Ein Anhänger, in dem das Flugzeug sicher steht, genug Platz für Zubehör ist und der eine Tempo-100-Plakette auf dem Heckdeckel hat. Ziel erreicht!“ Doch dabei bleibt es freilich nicht. Die nächsten Ziele sind schon gesteckt – oder besser: liegen in der Werkstatt. „Zwei Club-Libellen mit Bruch, die habe ich günstig erworben. Und die sollen natürlich beide wieder fliegen.“
Mehr Bilder zur Foka gibt es auf dem Blog von Lars Reinhold.
Flugbericht SZD-24 Foka 4
Wer es einmal ins Cockpit der Foka 4 geschafft und sich den Flieger „angezogen“ hat, der dürfte in der Luft damit überhaupt keine Probleme haben. Die Kupplungen liegen nur leicht aus der Längsachse versetzt links und rechts der Kufe, sodass sich der Start unkompliziert steuern lässt. Beim F-Schlepp muss man den Knüppel direkt an den Bauch nehmen, damit der Segler von der Kufe aufs Rad geht und die Motormaschine Tempo aufholen kann, um abzuheben. Sobald genug Strömung anliegt, ist die Foka im Querruder sehr agil. Das kleine Seitenruder hingegen braucht nach dem Tritt ins Pedal eine Gedenksekunde, bevor es eine Drehung um die Hochachse einleitet. Knüppel vor und zurück wird prompt umgesetzt, „nose down“ nimmt die Foka rasch Fahrt auf. Dennoch bleibt es im Cockpit überraschend leise. Überhaupt merkt man im Flug von der Enge des Cockpits kaum noch etwas, und wenn man die Sitzposition einmal passend eingestellt hat, dann kann man mit der Foka mit Sicherheit auch längere Strecken entspannt zurücklegen. Dank wirkungsvoller Klappen gelingt der Landeanflug trotz normaler Anfluggeschwindigkeit recht steil, beim Abfangen und Ausschweben verhält sich die Foka tadellos.
Fazit: Ein Standard-Klasse-Oldtimer mit unverwechselbarer Silhouette, der auch heute noch gut zu fliegen ist – und der 1965 Segelfluggeschichte schrieb, als Jan Wroblewski damit die WM der Offenen Klasse gewann.
aerokurier Ausgabe 09/2016