Das durch Tiefdruckeinfluss bedingte schlechtere Wetter mit Dauerregen und Wolken der kühleren Jahreszeiten ist passé. Stattdessen gibt es im Sommer, neben dem Winter die zweite Hauptjahreszeit, vermehrt Schauer und Gewitter. Diese treten kurzzeitiger und lokaler auf, dafür allerdings auch intensiv und mit einschränkenden Begleiterscheinungen, die für alle Arten der Fliegerei von größter Bedeutung sind.
Grundsätzlich ist die Witterung im Sommer weniger frontal geprägt als in anderen Jahreszeiten. Der Sommer definiert sich vermehrt durch eine flachere Druckverteilung über Mitteleuropa. Vor allem Tiefdruckgebiete sind in unserer Nähe deutlich schwächer ausgeprägt oder befinden sich weit entfernt im hohen Norden. Stürme kommen also selten vor.
Die ruhigste Wetterlage ist bekannterweise die Hochdrucklage, die für alle Jahreszeiten typisch ist. Diese kommt sowohl als Teil eines ausgeprägten Hochs vor, wo sich Deutschland gerne am Hochdruckrand befindet, oder auch als Brücke zwischen zwei ursprünglichen Hochdruckgebieten. Das heißt: klassische "Schönwetterlage" mit viel Sonne, manchmal locker bewölkt mit warmen bis heißen Temperaturen. Insbesondere Segelflieger freuen sich über kräftige Thermik, die bis zur Absinkinversion aufsteigt.
Da die bodennahe Luft hierbei regelmäßig noch genug Feuchtigkeit enthält, bilden sich meist Cumuluswolken, deren Obergrenze durch die Höhe der Inversion bestimmt wird. Ist diese durch eine Lage am Hochdruckrand nicht stark ausgeprägt und gegebenenfalls zusätzlich in der mittelhohen Troposphäre vorzufinden, steigt das Wachstum der Cumuli im Tagesverlauf an, sodass sich Cumulonimben ("Cb", also Gewitterwolken) bilden können.
Hochdruck bringt Thermik – und neue Herausforderungen
Motorflugpiloten meiden meist die thermisch aktiven Höhenbereiche. Insbesondere zur Mittags- bis Nachmittagszeit bildet diese sich im Sommer mitunter sehr kräftig aus, was sich durch mäßige Turbulenzen in Form von starkem Rütteln und Wackeln bemerkbar macht. Oberhalb der Quellwolken beruhigt es sich.
Ein weiterer Effekt bei Hockdruckbedingungen ist die Verschlechterung der Sicht: Je länger der letzte Niederschlag her ist, umso trüber wird es. Die Flugsichten befinden sich so zwar immer noch oberhalb der Minima, in der Praxis wird es innerhalb der Inversion aber zunehmend schwerer, andere Luftfahrzeuge im Dunst frühzeitig zu erkennen. Des Weiteren ist die Schrägsicht, also die Sicht vom Cockpit zum Boden, oberhalb der Inversion eingeschränkt, wodurch die terrestrische Navigation erschwert wird. Erkennungsmerkmale auf der Strecke können erst spät oder auch gar nicht mehr ausgemacht werden.
Liegt der Hochdruckkern etwas nördlich von Deutschland, wird vor allem heiße Luft aus dem kontinentalen östlichen Bereich herangeführt. Diese führt zu Hitzewellen und bei langanhaltenden Zuständen zu Dürre, da die kontinentale Luft sehr trocken ist. Konvektive Wolken treten dann nicht auf.
Dichtehöhe als Leistungskiller
An knackig heißen Tagen kommt auch die Dichtehöhe ins Spiel. Durch die verringerte Luftdichte verschlechtern sich die Flugleistungen teils erheblich. Motorleistung und Auftrieb werden reduziert, was sich in längeren Startstrecken, aber auch in der Steigleistung bemerkbar macht. Das gilt erst recht in größeren Höhen und bei höher gelegenen Flugplätzen, aber auch im Flachland können Starts je nach Dichtehöhe problematisch werden.
Ein Blick ins Handbuch bewahrt vor Fehleinschätzungen, ebenso helfen Online-Rechner und Faustformeln bei einer Einschätzung der Lage. Vorbehaltlich der Werte im Betriebshandbuch des Flugzeugs lässt sich als Faustregel sagen, dass pro Grad Temperaturzunahme die benötigte Startstrecke um ein Prozent ansteigt, die benötigte Landestrecke um 0,7 Prozent. Eine weitere Faustregel besagt, dass man als Korrekturwert pro Grad Abweichung von der Standardtemperatur in der jeweiligen Höhe (ISA) eine Erhöhung der Dichtehöhe von 120 Fuß hat.
Haben wir beispielsweise einen Flugplatz auf etwa 3280 Fuß (1000 m) Höhe und eine Temperatur von 25,5 Grad Celsius (Temperatur nach ISA wären 8,5 Grad Celsius), steigt die Dichtehöhe auf über 5300 Fuß. Das Flugzeug würde nur noch die Leistung erbringen, die es unter Standardbedingungen in 5300 Fuß schafft. Daher gilt: Zur Flugvorbereitung gehört auch, die Performance seines Flugzeugs zu kennen. Im Zweifel sollte man auf Abkühlung warten oder Ballast (damit sind auch Passagiere gemeint!) am Boden lassen, bevor der Start im Baum oder dem Flugplatzzaun endet.
Sommerliche Zutaten für Gewitter
Als für den Sommer typische und gewitterträchtige Szenarien gelten die Südwest- und (Nord-)Westlagen. Die Südwestlage stellt sich gerne in den Monaten Juli und August ein. Dabei gelangt warme bis heiße und vor allem schwüle Luft aus dem westlichen Mittelmeerraum nach Deutschland. Diese ist teilweise sehr labil, was spätestens nach ein paar Tagen zu Luftmassengewittern führt.
Darauf folgt oft eine (nord-)westlichere Anströmung, worin sich jeweils markante Kaltfronten mit vorherlaufender Konvergenzlinie bilden. Die Auswirkungen sind im Auftreten oft regionaler begrenzt als die üblichen Luftmassengewitter. Die vorherige labile Luftmasse verursacht mitunter starke Gewitter, insbesondere entlang der Konvergenzlinie. Nach Durchgang der Front sorgt dann eine (vorerst) mildere Luftmasse für Abkühlung.
Bei beiden Wettersituationen kann die in der schwülen Luft enthaltene Energie in Gewitter bis hin zu Unwettern ausarten, die drei mögliche Erscheinungsformen annehmen: Einzelzellengewitter, Multizellengewitter und als intensivste Form die Superzelle. Sie unterscheiden sich durch ihren Organisationsgrad, abhängig von der Windscherung, wodurch sich Intensität und Langlebigkeit bestimmen.
Die Grundlagen zur Bildung der Gewitter seien an dieser Stelle nur kurz angerissen: Benötigt werden Feuchtigkeit in der Luft, ausreichende Labilität in der Höhe und ein Auslöser, zum Beispiel ein Gebirge, eine Front oder das Erreichen einer Auslösetemperatur, womit eine bodennahe, stabile Luftschicht überwunden wird. Die Auswirkungen auf die Fliegerei sind immens – nicht ohne Grund umfliegen auch Airliner-Crews Gewitter weiträumig. Zu den Begleiterscheinungen eines Gewitters gehören fast alle vorstellbaren Gefahren, unter anderem Blitze, Hagelkörner, Vereisung und Turbulenzen/Windscherungen. Da Blitze in der Luft eine nicht zu unterschätzende Reichweite haben, sollten Piloten einige Kilometer Abstand zur Gewitterzelle einhalten. Bei VFR-Flügen kommt der starke Rückgang der Flugsicht unterhalb einer Wolke im Schauer hinzu.
Konvektion erkennen und meiden
Ähnlich verhält es sich mit Turbulenzen, die über das direkte Umfeld der Wolke hinaus auftreten. Auf- und Abwinde mit mehr als 20 bis 30 Metern pro Sekunde sind unterhalb und innerhalb einer Gewitterzelle nicht ungewöhnlich. Die Folge ist, freundlich gesagt, eine erschwerte Flugsteuerung. Aber auch ein Verlust der Kontrolle über das Flugzeug ist möglich. In jeder Gewitterwolke werden zudem Hagelkörner in einem Kreislauf gehalten, die erst dann freiwerden, wenn sie zu schwer sind. Sie fallen nicht nur nach unten, sondern werden auch seitlich und nach oben herausgeschleudert.Abhängig von der Intensität des Unwetters können die Hagelkörner einige Zentimeter groß werden. Strukturschäden sind möglich, die Folgen unkalkulierbar.
Auch auf die Vereisung in Wolken sei kurz eingegangen. Relevant ist diese vor allem für IFR-Piloten, für die Wolkenflüge zur Normalität gehören. Die stärkste Vereisungsintensität liegt im Bereich mit dem größten Anteil an Flüssigwasser zwischen null und bis zu minus 20 Grad Celsius. Je nach Höhe der Nullgradgrenze (in unseren Breiten meist zwischen Flugfläche 100 und 150), befindet sich dieser Bereich grob im mittleren Drittel der Gewitterwolke. Wegen der Tröpfchengröße handelt es sich um die gefährlichste Vereisungsart in der Luftfahrt: Klareis. Im darüberliegenden Bereich nimmt die Intensität etwas ab, ist aber grundsätzlich mindestens mit mäßig zu bewerten.

Das Satellitenradarbild zeigt den Schwerpunkt von Gewittern über dem Westen Deutschlands in Form von isolierten Einzel- und Multizellen.
Womit müssen Piloten rechnen, falls ein Gewitter in der Nähe des Zielflugplatzes steht? Auch wenn die Zelle vermeintlich noch weit weg ist, kann der Schein trügen. Die wohl größte und unsichtbare Gefahr ist der kalte Abwind, der aus dem Gewitter kommt und sich am Boden ausbreitet. In der Start- und Landephase sind stark wechselnde und böige Windscherungen möglich, im ungünstigsten Fall um bis zu 180 Grad drehend. Das QNH kann um bis zu fünf Hektopascal verfälscht sein, was einem Unterschied von mehr als 130 Fuß entspricht. Mit einsetzendem Regen verschlechtern sich die Sichten, bei Bodenkontakt ist mit Aquaplaning zu rechnen.
Als überlebenswichtiger Grundsatz gilt deshalb: Gewitter sind immer weiträumig zu meiden! Ein medienwirksames Beispiel dafür, was selbst den Großen bei entsprechenden Wetterlagen passieren kann, ist der "Hagelflug" OS434 von Austrian Airlines im Juni 2024, bei dem ein Airbus A320 schwer beschädigt wurde.Besonders tückisch können die sogenannten Squall Lines werden, also immens lange Gewitterlinien, insbesondere an den genannten Konvergenzen, die zumindest für die private Fliegerei unüberwindbar sind. Diese Linien sind hunderte Kilometer lang und haben Obergrenzen, die im Sommer weit über FL 300 reichen. In extremen Fällen können sie auch oberhalb FL 400 liegen, wo sie selbst Business Jets und Airlinern den Weg abschneiden.
Schritt für Schritt den Flug planen
Für eine Einschätzung der Wetterlage wird analog zu den in früheren Ausgaben beschriebenen Jahreszeiten vorgegangen (aerokurier 1/25 und 3/25). Basis ist der kurz- bis mittelfristige Planungshorizont. Im Gegensatz zu den anderen Jahreszeiten liegt der primäre Fokus im Sommer in der Regel nicht darauf, ob durch Fronten oder andere Ursachen tiefhängende Wolken für IMC sorgen, wenngleich auch dieser Aspekt nicht vollkommen ignoriert werden sollte. Vielmehr geht es meistens um das Thema Konvektion – vor allem darum, wann, wo und mit welcher Häufigkeit diese auftreten.
Wie gewohnt lässt sich die grobe Situation durch die Großwetterlage mit der Lage der Druckgebilde abschätzen, die einige Tage im Voraus schon relativ zuverlässig erkannt werden kann. Lässt sich nun die Witterung identifizieren (zum Beispiel Südwestlage, Hochdruck etc.), gibt das wie beschrieben wertvolle Hinweise auf das große Thema Konvektion. Hierbei ist darauf zu achten, ähnlich wie im Frühjahr, dass die Wetterlage am Rand eines Hochdruckgebiets mit oftmals vorhandener Feuchte bereits ausreichend für Gewitterneigung sein kann. Dies gilt insbesondere über dem Bergland, wo sich Gewitter dann als erstes entwickeln und durch die unter Hochdruckeinfluss schwächeren Höhenwinde oft kaum bis gar nicht verlagern, sondern stationär verbleiben.
Je kürzer der Zeitraum bis zum geplanten Abflug, desto genauer wird die Vorhersage, vor allem was das Gebiet der Konvektion angeht. Bei aktuellen Satelliten- und Radarbildern, auch wenige Stunden vor Abflug, ist allerdings Vorsicht geboten: Die Schauer- und Gewitterwolken (Cb-Wolken) haben sich möglicherweise noch nicht entwickelt, sodass entweder kleine, harmlose Cumuluswolken zu finden sind oder noch gar keine Bewölkung sichtbar ist. Auch wenn sich im Tagesverlauf bereits die ersten Cumulonimben gebildet haben, kann man diese nicht zwangsläufig eins zu eins, zum Beispiel am Regenradar, lokalisieren.
Vor allem einzelne Zellen zerfallen und lösen sich auf, neue bilden sich. Und so kann das Bild innerhalb einer Dreiviertelstunde schon ganz anders aussehen, insbesondere auf einen festen Punkt wie etwa einen Flugplatz bezogen. Bei größeren Gebilden wie Multizellen und größer ist die ungefähre Verlagerung in der Prognos schon deutlich brauchbarer. Hier muss im Laufe der Zeit darauf geachtet werden, ob sich in der direkten Umgebung bzw. im Vorfeld noch neue Cb-Wolken bilden, die einen Einfluss auf das Flugvorhaben haben können.
TAF- und METAR-Meldungen runden das Bild ab, wo aufgrund der genannten gefährlichen Begleiterscheinungen Gewitter und Cb-Wolken einen hohen Stellenwert besitzen. Und zu guter Letzt: Aufgrund der markanten Struktur lassen sich Gewitterwolken und der markante dunkle Bereich darunter aus der Ferne glücklicherweise meistens sehr gut aus dem Cockpit erkennen.