Der Norden Spaniens ist bekannt für gute Küche und wechselhaftes Wetter. Und der Weg dorthin ist von Bayern aus ein weiter: Knapp 1800 Kilometer Luftlinie liegen zwischen dem Chiemsee und Santiago de Compostela.
Ein Samstag im Juli 2012. Wir starten früh, denn heute möchten wir von Unterwössen mit unserer Super Dimona in einem Rutsch möglichst nahe an die Atlantikküste gelangen. Über das Allgäu, den Schwarzwald und durch den Baseler Luftraum führt unsere Route zum Zwischenstopp Besançon-Thise. Knapp drei Stunden brauchen wir.
Nach einem kurzen Tankaufenthalt fliegen wir westlich des Jura über Macon weiter bis Saint-Flour. Der Platz liegt an den Ausläufern des Nationalparks Auvergne, 60 Kilometer südlich von Clermont-Ferrand, nahe dem Massif Central. Wir starten nach einem effizient-kurzen Tankstopp und folgen der malerischen Dordogne Richtung Bordeaux. Nach sieben Stunden Flugzeit landen wir in Arcachon. Nach dem Betanken und Verzurren der Super Dimona bringt uns ein Taxi zum Campingplatz in die Stadt. Wir haben genügend Zeit für einen Stadtrundgang und ein gemütliches Abendessen am Strand.
Am nächsten Morgen ist das Wetter gut. Für unsere nächste Destination, San Sebastian im Baskenland, haben wir keine rechtzeitige PPR-Freigabe bekommen und sollen zudem fast 100 Euro Handlinggebühren bezahlen. Alternativ entschließen wir uns, bis Santander in Kantabrien zu fliegen. Mit Flugplan starten wir in Arcachon aufs Meer hinaus. An der größten Wanderdüne Europas, der 108 Meter hohen Dune de Pyla, tummeln sich Gleitschirmflieger im Hangflug wie ein Schwarm bunter Schmetterlinge. Über den Austernbänken drehen wir auf Südkurs und folgen der Côte d‘Argent in 1000 Fuß Richtung Biarritz. Die VFR-Route durch die Kontrollzone von Biarritz führt uns an der Küstenlinie direkt am Stadtstrand vorbei, und kurz danach sind wir schon im spanischen Luftraum. Wir passieren den Flughafen und die Stadt San Sebastian und gehen auf Westkurs. Das Wetter trübt sich zunehmend ein, und wir fliegen im Wolkenstau des steilen Küstengebirges durch Regeschauer, bis wir die berühmte Kirche San Juan auf dem Felsen von Gaztelugatxe erreichen. Schon kommt die Sonne hervor. Nach knapp zwei Stunden Flugzeit drehen wir in den Endteil auf Santander.
In Spanien herrscht Signalwestenpflicht auf dem Vorfeld. Deshalb ziehen wir unsere Westen vor dem Verlassen unseres Flugzeugs über. Auch gut, dass wir in Deutschland die Umsatzsteuernummer des Vereins notiert haben. Die benötigt der Tankwart für die Abrechnung. Der Flughafenbus bringt uns ins Zentrum. Wir bummeln durch die Hauptstadt der Provinz Kantabrien und gesellen uns zur Bevölkerung, die den Sonntag an den schönen Stadtstränden genießt. Später essen wir in einem kleinen Restaurant und begeben uns spät am Abend auf den hübschen Campingplatz am Cabo Mayor zur Ruhe.
Am nächsten Morgen erledigen wir die Flugvorbereitung nebst Flugplanaufgabe. Nach dem Start steigen wir entlang des kantabrischen Küstengebirges auf 5000 Fuß. Die Gipfel der Picos de Europa überragen uns mit fast 9000 Fuß Höhe deutlich. Wir fliegen an der Grenze des Nationalparks entlang und genießen den Ausblick. Das Wetter erlaubt den Weiterflug direkt über der ersten Ge-birgslinie im Landesinneren, und wir routen südlich von Oviedo, der Provinzhauptstadt Asturiens, nach Lugo. Hier herrscht ozeanisches Klima. Die Berge und die Ebene sind grün. Vor dem Einflug in die große TMA Galicia holen wir uns die nötige Freigabe und landen nach 2:20 Stunden in Santiago de Compostela.
Das Ende des Jakobswegs ist erreicht

Ein Marshaller lotst uns auf die Parkfläche. Mit rudimentärem Spanisch schaffen wir es, mehrere Formulare zur Zufriedenheit des Tankwarts auszufüllen, und nutzen auch hier den Bus, um ins Zentrum zu gelangen. Auf einem kleinen Campingplatz mit Blick über die Stadt stellen wir unser Zelt auf. Anschließend besichtigen wir Altstadt und Kathedrale. Sie wurde über dem Grab des Apostels Jakobs errichtet. Santiago gehört seit dem 11. Jahrhundert mit Rom und Jerusalem zu den wichtigsten Pilgerzielen der Christenheit. Hier endet auch der berühmte Jakobsweg, und die Stadt ist auch an diesem Tag geprägt von vielen, vielen Pilgern.
Kulinarische Spezialität Galiciens sind Meeresfrüchte, wovon wir uns bei ausgezeichnetem Pulpo a la Gallega im Freien, unter sternenklarem Himmel überzeugen können. Das stimmt uns optimistisch für den geplanten Flug zum Kap Finisterre, dem „Ende der Erde“ im äußersten Westen Galiciens.
Der Tag beginnt jedoch mit einer Enttäuschung: Schon früh am Morgen ziehen von der Küste Nebelschwaden herein. Wir sind froh, nach einem gründlichen Wetterbriefing mit Special VFR direkt nach Osten abfliegen zu können. In 1000 Fuß über Grund fliegen wir unter der Wolkendecke. Bei Sarria, rechtzeitig vor dem Anstieg auf die bis 900 Meter hoch gelegene kastilische Hochebene (Meseta), löst sich der Seenebel in der kontinental aufgewärmten Luftmasse auf. Ab Ponferrada gelangen wir auf direktem Kurs nach León.
Die 840 Meter hoch gelegene Stadt ist eine wichtige Station auf dem „Camino de Santiago“ und wurde von den Römern gegründet. Ab dem 9. Jahrhundert war sie als Hauptstadt des Königreichs León eine Ausgangsbasis für die Rückeroberung der Iberischen Halbinsel von den Mauren. Trotz des nagelneuen Terminals herrscht am Flughafen nicht wirklich viel Betrieb. Wir müssen lange auf das Taxi warten. Es bringt uns zu einer kleinen Pension im Zentrum, die fußläufig zur Kathedrale liegt. Die imposante Kirche Santa Maria de Regla ist eines der wichtigsten gotischen Bauwerke Spaniens. Fassaden aus goldgelbem Sandstein prägen das harmonische mittelalterliche Stadtbild. Unser Rundgang führt uns um die alte Stadtmauer und endet bei einem herzhaften Abendessen mit Kaninchenbraten und hervorragendem lokalen Rotwein.
Cuatro Vientos ist Madrids AL-Platz

In einen blauen Morgenhimmel heben wir ab und fliegen über schachbrettartigen Kornfeldern erst auf Südkurs Richtung Salamanca, dann nach Südosten auf den Luftraum von Madrid zu. Unser Ziel ist der Flugplatz Cuatro Vientos, der aktivste Platz der Allgemeinen Luftfahrt rund um Madrid, neben den kommerziellen oder militärischen Plätzen von Barajas, Torrejon und Getafe. Das Anflugverfahren aus der AIP sollte man genau einhalten, denn oft ist in der Kontrollzone Hochbetrieb. Auf dem großen Vorfeld stehen weit über hundert Maschinen. Wir bekommen eine Parkposition für unsere D-KYSI zugewiesen und warten eine halbe Stunde auf den Tankwagen. Unser Plan, mit der Metro in die Innenstadt zu kommen, funktioniert nicht. Die vermeintliche U-Bahn-Station auf der anderen Seite des Flughafens entpuppt sich als Zugdepot. Per Bus gelangen wir zu einer U-Bahn-Station, und bald stehen wir im Herzen Madrids an der Puerta del Sol. Wir verstauen unsere Sachen in einem kleinen Hostal und besichtigen die Plaza Mayor, den Königspalast und die Gran Via. Abends treffen wir einen Freund aus München, der in Madrid lebt, und probieren wunderbare Tapas.
Der nächste Tag wird zum flugfreien Tag erklärt. Zuerst besichtigen wir das Prado-Nationalmuseum und danach das Kleinod Chinchón, 45 Kilometer südöstlich von Madrid. Chinchón hat einen vollständig erhaltenen historischen Dorfplatz aus dem 15. bis 17. Jahrhundert. Er dient bis heute alljährlich als Arena für den Stierkampf. Wir verbringen einen angenehmen Nachmittag in den schattigen Gängen der überdachten Cafés.
Schlechtes Wetter über den Pyrenäen

Tags darauf steht der Rückflug an. Nach der üblichen Prozedur mit Sicherheitscheck, Flugplanaufgabe und Entrichtung der Landegebühren machen wir die Super Dimona startklar. Allein für das Rollen zum Start und die Freigabe brauchen wir 30 Minuten. Dann endlich können wir die Kontrollzone nach Westen verlassen. Richtung Segovia und entlang der Sierra de Guadarrama umrunden wir die TMA Madrid und halten knapp eine Stunde Nordostkurs. Über Soria fliegen wir nach Sangüesa, südlich von Pamplona. Geplant ist, die Pyrenäenkette bei Roncesvalles zu queren und in Tarbes (Frankreich) zu landen. Mit dem ansteigenden Gelände zeigt sich die erwartete Wetterverschlechterung auf der Nordseite der Pyrenäen. Kurz vor der Passhöhe in 6000 Fuß sehen wir, dass die Wolkenbasis auf der anderen Seite deutlich tiefer ist und teilweise aufliegt. Das ist ein veritabler Nordweststau, gespeist mit feuchter Biskayaluft. Wir entschließen uns zur Umkehr, denn im gesamten Westsektor dürfte die Lage ähnlich sein. Wir müssen weiter nach Osten ausholen, in der Hoffnung, dort bessere Wetterbedingungen zu finden.
Über Funk heben wir den Flugplan auf und machen einen Tankstopp in Santa Cilia de Jaca. Nach erneutem Wetterbriefing und Flugplanaufgabe fliegen wir auf der Südseite der Pyrenäen nach Osten. Entgegen unserer Erwartung sinkt die Wolkenuntergrenze weiter ab, und wir fliegen mit aktivierter Vergaservorwärmung in der feuchten Luft. Bei Urgell, südlich von Andorra, folgen wir dem Taleinschnitt von Cerdanya nach Osten. Das Gelände steigt bis Puigcerdà zur Grenze nach Frankreich auf 1200 Meter an. Von hier aus sind es nur noch 80 Kilometer bis zur Mittelmeerküste. In der Westströmung sind die Gipfel der Berge eingehüllt. Wir queren die Passhöhe in 800 Fuß über Grund, aber weiter östlich ist der Durchflug frei. Stetig sinken wir mit der abnehmenden Geländehöhe hinüber nach Frankreich. Bald können wir direkten Kurs auf Carcassonne nehmen.
700 Kilometer quer durch Frankreich

Die Landung ist unspektakulär, und nachdem wir unser Flugzeug verzurrt haben, fahren wir mit einem Taxi in die Stadt. Heute campen wir wieder, besichtigen aber zuerst die berühmte Burgfestung der Katharer.
Anschließend schlendern wir durch die Unterstadt und genießen den südfranzösischen Sommerabend. Am achten Reisetag haben wir eine 700-Kilometer-Strecke quer durch Frankreich vor uns. Der Wettergott meint es gut. Nach einem Zwischenstopp in Saint-Flour landen wir mit Rückenwind nach 3:45 Stunden in Colmar. Am letzten Abend bummeln wir durch die malerische Altstadt mit ihren hübschen Fach-werkhäusern. Flammkuchen mit Edel-zwicker rundet den gelungenen Tag ab.
Vor der angekündigten Gewitterfront wollen wir am letzten Tag unserer Reise früh starten. Doch bereits um 5.30 Uhr wecken uns Blitz und Donner. So bleibt uns nichts anderes übrig, als bis Mittag auf Wetterbesserung zu warten. Wir wählen die VFR-Schlechtwetterroute über Basel, Schaffhausen und den Bodensee. Tief, aber mit ausreichenden Minima, arbeiten wir uns durch die Reste der schnell abziehenden Front. Ab der Insel Mainau wird es sogar sonnig, und in Leutkirch machen wir noch eine kurze Pause.
Nach 26 Stunden Gesamtflugzeit und 4200 zurückgelegten Flugkilometern setzen wir die Super Dimona wieder auf dem Heimatplatz Unterwössen auf.
Die Route - Deutschland, Frankreich, Spanien






Reiseroute: Unterwössen, Besançon-Thise, Saint-Flour, Arcachon, Santander, Santiago de Compostela, León, Madrid-Cuatro Vientos, Santa Cilia de Jaca, Carcassonne, Colmar, Leutkirch, Unterwössen
Kartenmaterial: Jeppesen-Karten LF-5/6, LE-1/2/5, LI-1, ICAO-Karten München und Stuttgart, Low Level Enroute Charts
Lande- und Parkgebühren: 3,60 Euro in Saint-Flour; 6,50/3,60 Euro in Arcachon; 10,80/7,60 Euro in Santander; 19,54/12,39 Euro in Santiago de Compostela; 5,86/5,74 Euro in León; 5,86/8,61 Euro in Madrid-Cuatro Vientos; 5,98 Euro in Santa Cilia; 4,17/2,51 Euro in Carcassonne; 10,25 Euro in Colmar; keine Gebühren in Besançon
Übernachtungen: 15 bis 30 Euro, je nach Ausstattung des Campingplatzes. 40 Euro (DZ) im Hostal Bayón in León, 20 Euro (p. P.) im Cat’s Hostel in Madrid
Transport: Taxipreise in Spanien zirka 20 Prozent günstiger als in Deutschland oder Frankreich
Zusatzequipment: Notausrüstung inklusive Signalraketen, Warnwesten, Zelt, Schlafsäcke, Isomatten, Erdanker mit Gurten, Werkzeug
Gut zu wissen: In Frankreich spricht man auf TWR-Frequenzen mit kontrollierten Plätzen in der Regel englisch. Auf AFIS/Info-Frequenzen (unkontrolliert) wird oft nur französisch gesprochen, dies ist auf der Anflugkarte meist ausgewiesen („FR only“). Außerhalb der Öffnungszeiten oder bei Plätzen ohne Flugleitung gilt „Auto Annonce“ in Französisch (Blindfunk, Unicom). In Spanien sind Autowarnwesten Pflicht auf dem Vorfeld. Zum Tanken benötigt man eine europäische Steuernummer (NIF), Privatflieger zahlen gegenüber kommerziellen Flügen eine Zusatzsteuer auf Flugbenzin.
Links: Météo France bietet unter „Aeroweb“ detaillierte Wetterinformationen, einschließlich GAFOR, mit kostenloser Registrierung: aviation.meteo.fr. Die AIP gibt es online unter www.sia.aviation-civile.gouv.fr; Informationen über Fliegen und Flugplätze in Frankreich unter: nav3000.free.fr und flyinfrance.free.fr. Die spanische AIP ist online unter www.aena.es/csee/Satellite/navegacion-aerea/en/Page/1078418725020//How-to-consult-the-AIP.html zu finden; das Wetter auf www.aemet.es.
aerokurier Ausgabe 05/2013