Wer sich dem Verkehrsflughafen Rostock-Laage aus nördlicher Richtung nähert, braucht unmittelbar nach Einflug in die Kontrollzone via November nur seinen Blick in südöstliche Richtung zu lenken. Dort ist in Verlängerung der nördlichen Spitze des Dolgener Sees ein kleines Waldstück inmitten einer großen Ackerbaufläche zu entdecken. Direkt vom Waldrand beschirmt, liegt darin ein an den Klassizismus angelehnter, prunkvoller Bau aus dem späten 19. Jahrhundert – das erst vor wenigen Jahren neu eröffnete Schlosshotel Nordland. Das Gebäude, nach einem Großbrand 1889 neu errichtet, geht auf ein bis ins Spätmittelalter unter dem Namen Potremetze nachweisbares Rittergut zurück, das für drei Jahrhunderte im Eigentum derer von Bülow stand, ehe es nach mehreren Besitzerwechseln Anfang des 19. Jahrhunderts von Fritz von Gadow erworben wurde.
Der Spross dieser märkischen Adelsfamilie muss Jahrzehnte um die landwirtschaftliche Konsolidierung seiner neuen Heimat gerungen haben, denn erst seine Nachfahren konnten den Bau eines Herrenhauses in den 1870er Jahren in Angriff nehmen. Nach zwei Weltkriegen und der Enteignung des sich zu einem prosperierenden Landwirtschaftsbetrieb entwickelten Besitzes diente das als Schloss bezeichnete Gutshaus zunächst der Unterbringung von Flüchtlingen, ehe es zu einem Dorfzentrum wurde, in das schließlich auch ein Konsum Einzug hielt. Dem anschließenden Verfall konnte erst durch die sukzessive Entwicklung zum Hotelbetrieb nach der Wende Einhalt geboten werden.
Vom Flughafen Laage sind es nur sieben Kilometer bis dorthin. Folgt man der Bundesstraße 103 Richtung Rostock, macht etwa auf der Hälfte der Strecke zwischen Flughafen und Hansestadt ein großes Schild auf den Abzweig zum Schloss aufmerksam. Nach zweifachem Abbiegen liegt rechts vor dem Hauptbau der alte Marstall. Hier bringt das Pilot Training Network angehende Verkehrspiloten unter. Laage ist einer von drei Standorten der Lufthansa-Tochter, an dem der Kranich-Nachwuchs auch für reale ILS-Anflüge trainiert wird. Da dort trotz sowohl ziviler als auch militärischer Nutzung kein überbordender Verkehr tobt, können auch Piloten der General Aviation nach Voranmeldung eine zügige Anflug- und Landefreigabe erwarten. Wegen der Bedeutung Laages als zentralem Airport Mecklenburg-Vorpommerns kommt man nach der Landung jederzeit problemlos weiter, ob per Taxi oder per Leihwagen. Für Reisende, die mehr als nur eine Nacht bleiben und nicht nur die Natur genießen wollen, lohnt sich das Mietwagenangebot besonders, um kurzweilige Ausflüge nicht nur in die nahe Hansestadt und Warnemünde, sondern auch in die weitere Umgebung zu unternehmen.
Zu Gast im Spukschloss
Natur- und Gartenliebhaber kommen aber auch bei Anfahrt mit dem Taxi auf ihre Kosten. Nur 200 Meter vom Schloss entfernt unterhält das Ehepaar Wegener den „Staudengarten Groß Potrems“ mit rund 500 verschiedenen Pflanzenarten, den Gäste nach vorheriger Rücksprache gern in Augenschein nehmen können. Und unmittelbar an den malerischen Schlossgarten mit seinem idyllischen Teich grenzt der kleine Schlosswald an. Hier liegt im Schatten mehr als 100 Jahre alter Bäume der ummauerte Familienfriedhof der Gutsherren von Gadow. Über einen Pfad um die Ruhestätte herum gelangt man im Osten auf einen Feldweg, der nach nur 100 Metern an die Bundesstraße führt. Auf der anderen Seite liegt das Moor Groß Potrems, ein früherer Torfstich und heute bewaldetes Naturschutzgebiet.
Wer in Gegenrichtung, also südlich des Schlosses, der Kastanienallee vorbei am Staudengarten folgt, kann nach wenigen hundert Metern rechts in ein Landschaftsschutzgebiet abbiegen oder der Allee weiter Richtung Wendorf und Dolgener Berg folgen. Spätestens dort muss man dann eine Richtungsentscheidung treffen – entweder weiter nach Süden zum Dolgener See oder Richtung Westen ins „Bülowmoor“. Der rein aus jungen Stieleichen bestehende, geschützte Bruchwald beherbergt zahllose Rote-Liste-Arten, die heute selbst in Brüchen eine Seltenheit sind. „Fußkranke“, die von der Allee zuvor in das kleine Landschaftsschutzgebiet abgebogen sind, gelangen nun über einen nur knappe fünf Kilometer langen Rundwanderweg wieder zum Schloss zurück.
hl: Entweder man checkt in eines der komfortablen Doppelzimmer oder gleich in die „Katharinensuite“ ein. Alleinreisenden mit Hang zum Gruseln sei indes das „Spukzimmer“ empfohlen. In der Einzelkemenate kam seinerzeit bei dem eingangs erwähnten Großbrand ein Hausmädchen ums Leben, dessen Geist seither durch das Schlafgemach spuken soll. Die freundliche Dienstbarkeit sei dem Geist des Brandopfers indes erhalten geblieben – großen Schrecken verbreite das Schlossgespenst nicht, wie das heutige Personal glaubhaft versichert.
Das herrschaftliche Ambiente des im klassizistischen Stil erbauten Gebäudes setzt sich auch im Innern fort. Die Gästezimmer sind in zeitgenössischem Stil möbliert, überall finden sich üppige Stuckelemente mit teils prunkvollen Deckenfresken. Im Ostflügel sind die drei Etagen des Baus durch eine weite Wendeltreppe mitei-nander verbunden, deren Überdachung als kunstvolle Buntglas-kuppel ausgeführt ist. In der
erkennbar liebevoll gestalteten Ausstattung des Hauses finden sich auch Accessoires, die eine Reminiszenz an die Zeit des Jugendstils bis in die „Roaring Twenties“ hinein bieten.
Passend dazu lädt der Schlossherr mehrmals im Jahr zur „20er-Jahre-Nacht“ ein – einer Party im Flair der 20er und 30er Jahre, die musikalisch von dem im Norden bekannten „Duo Federleicht“ begleitet wird. Wer also eine termingerechte Reise im Oldtimer, gar im Doppeldecker plant, möge auch außerhalb des Cockpits an zeitgenössische Garderobe denken.
Auf die Preise hat die edle Unterbringung übrigens höchst moderaten Einfluss, sie liegen je nach Saison und Zimmer oder Suite zwischen 60 und 190 Euro je Nacht. Außerdem bietet das Schlosshotel ganzjährig vergünstigte Arrangements an, in denen neben zwei oder drei Übernachtungen auch verschiedene Menüs enthalten sind.
Aber auch à la carte sei zumindest eine Verköstigung aus der Schlossküche schon wegen des Speisesaals empfohlen, dessen zentrale Lage im Haus und prunkvolle Ausgestaltung mit bemalten, aufwendig gestalteten Stuckdecken nebst einem als Kachelofen ausgeführten offenen Kamin vermuten lässt, dass es sich im ausgehenden 19. Jahrhundert um das Herzstück gutsherrschaftlichen Landlebens gehandelt hat.
Info: Rostock-Laage (ETNL)





Rostock-Laage (ETNL)
Lage: etwa 20 km südöstlich von Rostock
Turm: 118.425 MHz
Pisten: 10/28: 2520 x 45 m Asphalt
Treibstoff: Avgas 100LL, Jet A-1
Öffnungszeiten: ganzjährig 24 h/PPR
Telefon: +49 38454 321300
Web: www.rostock-airport.de
Hinweis: Weil der Platz militärisch wie auch zivil genutzt wird, verweist der Betreiber auf die NOTAMs und hält für Flüge der GA insbesondere ohne Flugplan ein Kontaktformular auf seiner Website bereit. Bei entsprechend empfohlener vorheriger Kontaktaufnahme lassen sich trotz ganzjährig regelmäßiger Linienflüge Einflugverzögerungen und längere Holdings vermeiden.
aerokurier Ausgabe 12/2016