Beim traditionellen AERO-Branchengespräch geben Vertreter von Industrie und Verbänden einen Einblick in die Zahlen und Stimmungen der Allgemeinen Luftfahrt. Und die sind besser als noch vor einem Jahr.
Man konnte es Dr. Nicolas von Mende, CEO bei Atlas Air Service, regelrecht ansehen, dass er – auf die Stimmung in der Business Aviation angesprochen – in diesem Jahr zur Abwechslung gutes verkünden konnte. „Seit der Finanzkrise hatten wir eine Stagnation im Markt, acht Jahre Nullwachstum. In den letzten neun Monaten hingegen verzeichnen wir ein deutliches Wachstum.“ Dazu beigetragen hätte vor allem die Steuerreform in den USA. Weiterhin sei durch die lange Zeit fehlenden Investments die Business-Flotte deutlich gealtert. „Man will wieder neue Flugzeuge fliegen, bei technischen Entwicklungen dabei sein“, so von Mende. Schließlich nehme auch der Geschäftsreiseverkehr wieder zu. „Im ersten Quartal wurden in Deutschland 16 Flugzeuge verkauft, zwölf davon allein von Atlas.“
Gleichfalls positives konnte Hubertus von Samson-Himmelstjerna, seit genau einem Jahr Generalsekretär des Deutschen Aero-Clubs (DAeC), verkünden. Der Club verzeichnet bei der Zahl der Mitglieder insgesamt ein leichtes Wachstum. Bei den Ultraleicht- und Motorfliegern und in der Modellflugzeugabteilung gehe es tatsächlich aufwärts, immer mehr Interessenten möchten in die Luft gehen. "Fliegen ist ein schönes, aber aufwendiges Hobby", ist der Generalsekretär überzeugt, „aber die Leidenschaft fürs Fliegen müssen wir noch stärker kommunizieren."
Etwas kritischer sieht Frank Liemandt vom Deutschen Hubschrauber Verband die Situation. Die rasant wachsende Flotte professioneller Drohnen nehme der Hubschrauberflotte viele Aufträge weg. Allerdings reagiere die Branche, viele Helikopterunternehmen böten inzwischen selbst Drohneneinsätze als Dienstleistung an. Kritisch sieht Liemandt auch die Entwicklung unbemannter Lufttaxis kritisch. Das, was die manntragenden Drohnen können, leisteten die Hubschrauber schon seit vielen Jahren zuverlässig und mit der notwendigen technischen Sicherheit und personellen Kompetenz. Liemandt warb dafür, den Hubschrauber als „fleißige Arbeitsbiene“ der Luftfahrt wahrzunehmen und an mögliche Konkurrenz die gleichen Maßstäbe bezüglich Sicherheit und Kompetenz anzulegen. Dies forderte er vor allem mit Blick auf die Tragschraube, die vermehrt für Foto- und Rundflüge eingesetzt würden. „Da macht uns ein Luftsportgerät Konkurrenz, dass bei weitem nicht die gleichen Anforderungen zu erfüllen hat wie wir“, so Liemandt.
Die Sorge vor der autonomen Fliegerei teilt auch Dr. Frank Anton, Leiter E-Aircraft bei Siemens, wenngleich aus anderem Grund. „Ich habe gerne einen Steuerknüppel in der Hand und beeinflusse selbst, wie sich das Fluggerät bewegt“, sagt der Eigner eine Su 29. „Privat mag ich Sound und Smoke, aber mir ist völlig klar, dass die Evolution in eine ganz andere Richtung läuft.“ 2040 werde man sich auf der AERO an die Anfänge der Elektrofliegerei erinnern, an eine Zeit, als die ersten Hybridantriebe in die Luft gingen und Siemens einen kleinen Stand hatte, um erste Entwicklungserfolge zu zeigen. „Wir wissen nicht, wie die Welt in 30, 40 Jahren aussieht, wir wissen nur, dass sie anders aussehen wird als heute.“ Man sei angetreten, um Elektroantriebe um den Faktor zehn leichter als bisherige systeme zu entwickeln. Eine vielzahl kleiner Flächenflugzeuge zeige, was schon heute geht. Die nächsten drei Jahrzehnte liege der Fokus auf dem hybrid-elektrischen Fliegen: Ein kleiner Verbrenner, der über einen starken Elektromotor oder mehrere Elektromotoren auf die Luftschrauben wirke. Um 2022 könne man vielleicht eine King Air mit diesem Konzept fliegen, 60 bis 100-sitzige Regionalverkehrsflugzeuge seien in vielleicht 30 Jahren denkbar.
Am Ende sei alles eine Frage der Akzeptanz, waren sich Frank Liemandt und Nicolas von Mende einig. „Wenn das autonome elektrische Lufttaxi den Passagier vom Business-Jet direkt in die City bringt, und das sicher und komfortabel, dann hat das sicher eine Zukunft“, sagt der Atlas-Chef. Liemandt hingegen blieb skeptisch: Die Frage ist, ob man sich das am Ende leisten kann und leisten will.“